Samstag, 9. April 2016

Erholungswandern in Taipei (= lebenserhaltende Maßnahme)

Nachdem der Tag in der Natur erst sehr spät in unseren Betten endete, schlief es sich am nächsten Tag etwas länger. Was nun machen mit so einem „halben“ Tag? Ganz einfach, man lässt sich mit der Metro von einem Ort zum anderen kutschieren und läuft nur bestimmte Areale Taipeis ab, nicht gleich wieder die halbe Stadt, wie an unserem ersten. Das erste Erkundungsplätzchen lag gleich um die Ecke: das Expo-Gelände. Es war schon viel Volk unterwegs, um sich auf dem stattfindenden „Farmers“-Markt mit frischem Obst und Gemüse einzudecken. Kinder wurden auf dem kleinen Rummel nebenan abgeladen.


Auch wir erstanden kleine Kullermandarinen, die wir samt Schale mit allem Drum und Dran einwarfen. Schmecken etwas säuerlicher, als die, die wir kennen, das tut dem allgemeinen Wohlgeschmack aber keinen Abbruch. Schließlich umkreisten wir die Arena und gegen die Mittagszeit machten sich die deutlich gestiegenen Temperaturen und die höhere Luftfeuchtigkeit gegenüber den Vortagen bemerkbar. Die Schwüle würde uns nun bis zum Schluss begleiten.  
        
Jedenfalls sieht das Haupt-Expo-Gebäude irgendwie nach spanischer Stierkampfarena aus. Die anderen noch stehenden Pavillons sind mehr oder weniger rund, eckig, gebogen, verdreht,  mit einem Wort: modern. Alles ist hübsch mit Blumenrabatten umgeben, es stehen überall ein paar Bäumchen mit Bänken darunter herum und als Treffpunt für Jung und Alt hat sich das Gelände allemal etabliert. Überall, wo es etwas Schatten gab, übten Tanzgruppen (von Schülern in den Ferien?) Schrittvarianten ein, Danceden Break oder übten das Jonglieren mit Bällen. Die älteren Herrschaften machten es sich auf den Bänken bequem. Die grünen Oasen und die Freiflächen zum Tun, wozu man gerade Lust hat, machen Taipei zu einer sehr angenehmen Stadt.

Expo-Halle

Abends wurde auch Musik gemacht. Williger Zuhörer gab es genug. Wie viel sie vom englischen Text verstanden, war den Gesichtern nicht zu entnehmen.
Anschließend setzten wir uns in die Metro und fuhren ein ganzes Stück in Richtung Süden. Unser Ziel war der Garten der Familien Lin, die im 17. Jahrhundert aus auf die Insel kam. Dort ließ sie sich nieder und mehrere Generationen stellten ihren Reichtum, den sie im Reishandel erwirtschaftet hatten, mit dem Bau einer prächtigen Wohnanlage zur Schau. Dazu gehörte natürlich auch ein Gärtchen, das Dank der raffinierten Blickführung und den verschlungenen Pfaden das Gefühl von Weite vermittelt und zum Garten avanciert. Leider werden die Gebäude zur Zeit saniert und restauriert, so dass wir nur in den Garten durften. Überhaupt muss man wohl großes Glück haben, um in die Häuser zu kommen, denn laut Info-Tafel werden die wohl Dauer-in-Stand-gesetzt.       

Auf Taiwan sind historische Zeugnisse von vor der Kolonialzeit leidet Rarität,  auch daher ist das Anwesen etwas besonderes.

Ein Teich durfte natürlich nicht fehlen 

Auf alle Fälle war es unter den Bäumen deutlich angenehmer und auch wir suchten uns ein nettes Plätzchen auf einer Bank und warfen Mini-Mandarinen zur Stärkung ein. Schließlich machten wir uns auf, die – laut Karte – noch verbliebene touristische Attraktion in der Umgebung zu erkunden. Wir suchten und suchten, umkreisten das Gebiet engmaschig drei Mal und fanden nix. Wir folgerten: Die Baugrube, dort hätte es sein müssen! Oder der Tempel, der uns so unscheinbar normal vorkam, war gemeint. Jedenfalls ärgerten wir uns nicht lange (doch, taten wir ><), sondern suchten die nächste Metrostation auf und fuhren diesmal in die umgekehrte Richtung, um das „Denkmal der Märtyrer“ aufzusuchen, welches über das Erklimmen eines kleinen Hügels (der so genannte Yuanshan BERG) zu erreichen war. 

Der Pfad begann sehr steil, Treppen ermöglichten einen Latsch-freundlichen Aufstieg. Doch obwohl wir an diesem Tag noch keine ausgedehnte Wandertour hinter uns hatten, war der Franz wenig von der Idee begeistert, einfach mal so den Hügel zu besteigen und suchte stattdessen mit Hilfe der Wanderpfadkarte und der Wegweiser den kürzesten Weg zum Denkmal.

Die Sache ist nämlich die: Es handelte sich hierbei bereits um Notmaßnahmen! Es scheint ja so eine Spezies zu geben,  die sich von Kilometern ernährt. Dabei scheint es weder Wasser noch Essen (außer Schokolade) zu brauchen, dass Laufen lebt quasi von sich selbst.  Das freut aber leider nur einen: meinen Schrittzähler. Nicht jedoch meine Füße, Knie, Hüften,  Rücken, ihr wisst schon.  Unsereins ist ja kein Perpetuum mobile und man ahnte anhand der vergangenen Tage Schlimmes. Daher entscheidet man sich gern für Variante sicher: Karte suchen, gucken, folgen, Ziel erreichen. Dass das großflächige Abschreiten einer ungefähren Richtung auch irgendwann zum Ziel führt, dass bestreitet ja keiner, ABER! Ich hatte jedenfalls keine Lust irgendwo auf einem Berg festzusitzen.
Nur, was tun, wenn Karte und Wegweiser nicht immer einer Meinung sind? Ganz einfach: brav weiter marschieren. Der schrullige Berg begeisterte vor allem durch lauer verfallene Rastplätze, auf denen ältere Semester die Vögel mit passioniertem Karaoke vertrieben,  andere Tennis spielten und noch andere Kaffeekränzchen abhielten. Alles wirkte wie ein vergessener Erlebnispark aus den 50erm, auf einem Berg gepflanzt und mit drei Schichten Efeu besetzt. 


Irgendwann stimmte die Route jedenfalls wieder, wir fanden den Abstieg und kamen pünktlich nach Schließzeit bei der gewünschten Anlage an (Wir erinnern uns, in Taiwan schließt fast alles um 17:00 Uhr). Gesichert mit Zaun und strammstehenden Soldaten, wagte ich nicht einmal wirklich viele Fotos zu machen. Wer so ganz genau verehrt wird, war nicht ersichtlich. Google weiß zu berichten, die Verehrung gilt den gefallenen Kuomintang -Soldaten.  

Sonnenuntergang über Taipei. Die Nächte waren meist klar, die Tagesstunden dagegen immer diesig.

Unser Ziel.

Unser Weg dorthin.
Die Dämmerung war jedenfalls schon angebrochen und so machten wir uns auf den Weg zurück. Den ganzen Weg? Diesmal wagten wir uns in den städtischen Busverkehr und kamen prompt an der gewünschten Haltestelle an. Auch wer kein Wort chinesisch versteht, kommt in Taiwan (oder zumindest im Großraum Taipei) wirklich problemlos vorwärts. 
Der Tag klang auf dem Expo-Gelände aus, wo wir uns was zu Futtern suchten und es uns anschließend auf einer der Bänke gemütlich machten und einen Blogbeitrag verfassten. Nebenher futterten wir Erdbeeren.

Expo-Gelände by night. Seht ihr den Franz? 



Hier in Persona.

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