Dienstag, 13. November 2012

Der Oktober: Staub und Staub-Bekämpfung ;)

Am 22. Oktober 2012 (ein Montag) stand Intellektuelles auf dem Plan. Im Mita no Ie, dem Gemeindehaus in der Nähe der Keio, hielt Simon (ein Jahr unter mir in meinem MA-Kurs) einen Vortrag über die diplomatischen Verhältnisse zwischen China und Japan nach dem Krieg. Interessant war die anschließende Diskussion über das Yasukuni-Museum. Das Museum ist am Yasukuni-Schrein, dem Schrein für die Kriegsgefallenen Japans. Der Schrein kommt alle Jahre wieder in negative Schlagzeilen, wenn Japans Politiker dort beten, weil Kriegsverbrecher des Zweiten Weltkrieges eben auch dort verehrt werden. Dann fordern China, Korea und andere Staaten eine Entschuldigung von Japan für die verübten Verbrechen, die bisher in aller Offiziösität noch nicht erfolgt ist. Das Museum am Schrein ist denn auch einschlägig nationalistisch geprägt und wartet vor allem mit einer Galerie der gefallenen Kamikaze-Kämpfer und einem netten Einührungsvideo über die freundlichen Absichten Japans im Bezug auf die "Befreiung" Asiens von westlicher Herrschaft. Vor allem die Kamikaze-Verherrlichung war ein Punkt, an dem sich die Geister schieden, denn an dem Mythos scheint man sehr ungern zu rütteln. Spannend war jedoch auch die Sicht etlicher, deren Familienmitglieder in der Mandschurei geboren worden waren, das damals zu Japan gehörte. Nach dem Krieg war das ja plötzlich nicht mehr Heimat und etliche Teilnehmer sprachen darüber, dass die "Tabuisierung" des Redens über die alten Gebiete persönlich schwer zu verarbeiten war, denn man war eigentlich ein Fremder in Japan, der allerdings kein Fremder sein durfte und dessen kulturellen Eindrücke aus der Mandschurei totgeschwiegen werden mussten. Bis heute gibt es wenig Offenheit zu diesem Thema. 

Der Rest der Woche verstaubte ich wieder in der Bibliothek. Deshalb musste die trockene Kehle abends dann auch geölt werden, bei Treffen mit diesen oder jenen alten Freunden. Es sind über die Jahre doch einige zusammen gekommen. :D 
Am 25. Oktober ging es los mit einem Haufen Wahl-, Auslands-, Kurzaufenthalts- und sonstiger Hallenser.

Im Monsoon-Cafe in Shibuya war am 26. Oktober das internationale KOPRA-Treffen (das jeden Monat stattfindet) mit den üblichen Verdächtigen: Ryuichi, Atsushi, Taka und *-*, außerdem Shu aus Halle und ein paar mehr, die ich schonmal gesehen habe. Adressen finden in Shibuya ist wirklich Überlebenskunst, wenn man kein Internetz-Handy hat. Lustigerweise wusste ich genau, wie die Kreuzung aussieht, wo das Restaurant war, aber welche der 1000xverschachtelten Wege führen wie nach Rom? @_@ Aber ich hab's gefunden und war pünktlich wie ein Schneiderlein. 
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Besonders habe ich mich auf den 27. Oktober gefreut, denn da bin ich mit Kozue weggegangen. Kozu wohnt im Freshroom, meinem Guesthouse, und hatte einmal vorgeschlagen, dass wir dochmal einen Trinken gehen könnten. Eigentlich stand eine ur-japanische Yakitori (Hühnerspieße)-Kneipe auf dem Plan, aber gerade am Samstag kam Ueda-san im Freshroom vorbei, ein Koch, der vorher hier gewohnt hatte. Flugs hatten wir die Super-sonder-Einladung zu seinem Restaurant in der Tasche, in das man nur per Visitenkarte rein kann. Warum und wie das wirtschaftlich funktioniert, ist mir ein Rätsel, aber das konnten wir uns jedenfalls nicht entgehen lassen. Hatte ich schon erwähnt, dass ich *hust* Student bis und *hust* deswegen bei solchen Anlässen nicht zahle? Yay! Wir kamen also gegen 6.30 Uhr in Azabu-Juban an und verbrachten erstmal unsere Zeit mit - genau - Adresse suchen. Am Ende erklärt sich die Visiten-Karten-Strategie schlicht und ergreifend aus der Tatsache, dass den Laden sonst eh keiner findet? Was soll ich sagen: Um die Ecke hinten schräg runter links geguckt, Treppe runter ins Unterirdische gefunden- schon ist man am Ziel.


Stellt euch die Ansicht jetzt grade vor: So präsentiert sich der kleine Raum. Es gibt auch ein separates Zimmer für angemeldete Gruppen. So aber sitzt man an der Theke und schaut ratlos, weil es weit und breit kein Menü gibt und man nicht so recht weiß, wie's weiter geht. Aber da sowieso nur 6 Stühle vorhanden sind, ist man ja ganz dicke mit dem Koch, der einen fragt, was man sich denn so vorstellt und was es so geben und könnte und überhaupt. Er hätte mal ein Menü gehabt, erzählt er, aber die Gäste lesen das eh nicht und wenn, fragen sie, was gemeint ist, dann kann er es auch gleich erzählen.

Wir hatten jedenfalls keine Ahnung und der geheime Auftrag muss irgendwie "Bringen Sie, bis wir satt sind" gelautet haben. Das macht klamme Taschen wie mich natürlich sofort nervös, aber ich erwähnte ja schon.... Es kamen also der Reihe nach unglaublich leckere Sachen, die nach dieser oder jener Kyotoer, Osakaer, Französischer Art zubereitet worden sind und in Gefäßen serviert wurden, die aus der Meiji-Zeit stammen und gerne an die 1000 Euro kosten. (Ok, ich ich habe diese lächerlichen Ich-habe-die-Vase-zerbrochen-jetzt-muss-ich-Sklavenarbeit-machen-Geschichten, die japanische Filme so über alles lieben, für 'nen Witz gehalten. Aber wer etwa auf sich hält, dekoriert sich wohl tatsächlich mit Tonware erster Güte. O_o) Im Zuge des Abends bekamen wir nicht nur Essen, sondern auch die Lebensgeschichte des Kochs und die unserer Freshroom-Mitbewohner serviert (har har) und als ich das erste Mal auf die Uhr schaute, war es kurz vor 12 Uhr und wir mussten schauen, dass wir den letzten Zug nicht verpassen. Da hab' ich mal wieder gemerkt, wie sehr mir Tokyo in den Knochen saß und wie gut so ein unterirdischer Ruheort tut. Jetzt weiß ich, warum solche kleinen Restaurants überleben können.

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Sushi durfte natürlich nicht fehlen. Die Sachen wurde alle der Reihe nach in kleinen Mengen serviert, so dass wir am Ende eine ganze reihe gegrillter, gekochter, roher Fischlis, verschiedenes Fleisch und Gemüse verdrückt haben. Die Menge passte auch haargenau.

Am nächsten Tag, Sonntag, war Harajuku im Regen angesagt, um daraufhin Bin (China) und Matias zu treffen. Facebook ist also auch mal zu Nütze, ich hätte sonst nie herausgefunden, dass die beiden sich kennen. Aber Tokyo ist ja bekanntlich ein Dorf...

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Freitag, 2. November 2012

Oktober: SFC und Aki-sai, Nihombashi


Jetz ist es schon November, die beste Zeit also, den Oktober zusammenzufassen! *räusper* Also, hier mal der Anfang.

Aaaam 14. Oktober 2012 war ich am SFC, weil mal wieder das Herbstfest Aki-sai im Gange war.  Ich hab' meine Kamera vorbildlich mitgenommen, jedoch die SD-Speicherkarte vergessen, weswegen es hier nur ein paar geborgte Bilder gibt. Das Fest war zwar leider etwas verregnet und die Bratwürste schon alle, als ich kam, aber die Tanz- und Musiktruppen waren wie jedes Jahr klasse. 

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Schwierige Rätselaufgabe: Zu welchem Stand gehören die Herren wohl. ;)

Die nächste Woche fand wieder in der Bibliothek statt, weil ich doch ein fleißiges Bienchen bin. Am Samstag (20. Oktober 2012) dann wurde ich spontan mit einer Einladung zum letzten Sommer-Feuerwerk des Jahres eingeladen (ja, es waren 24°C ;P). Das konnte man wie üblich nicht verfehlen, denn die Massen wältzten sich nur so auf den Ort des Geschehens zu. Gesichert von 18 Polizisten, die dafür sorgten, dass man auf dem geraden Weg vom Zug zum Ticket-Schalterbereich auch ja nicht verloren geht, wurden die Massen sicher gelitten. Einziger Wehrmutstropfen war natürlich:  Damit alles seine Ordnung hatte, gab' es auch die Hier-ist-die-Klo-Einweisungs-Frau für Leute wie mich und die Hier-dürfen-Sie-nicht-warten-Wächter für die anderen, was dafür sorgte, dass die perfide ausgetüftelte Bahnhofsordnung jäh durch umherirrende und suchende Getrennte durcheinander gebracht wurde. Wie kann man nur?! Aber egal. 

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Die Ordnungswächter / Zug bei Sonnenuntergang

Ihr könnt euch denken, dass der Weg zum Flußufer nicht schwer zu finden war. Vorbildlich waren die Zugänge zur Wiede nummeriert und sogar die Sitzflächen waren ausgewiesen, damit man sich leichter finden konnte (waren ja auch nur um die..Millionen oder da). Angekommen erwartete uns sogar eine eigens freigehaltene Sitzfläche (jemandes Eltern haben den ganzen Tag dafür geopfert, hab' ich mir sagen lassen) inklusive Decken für die Füße und dem Alkohol zum Anstoßen. So kann man leben. Zu sehen gab' es über eine Stunde Feuerwerk inklusive Heiratsantrag per Lautsprecher, sehr schön. Der Herr hat einiges für springen lassen, das Feuerwerk formte dann auch sehr süß lauter Herzchen am Himmel.


Tja, gute Feuerwerks-Bilder kann auch meine neue Kamera leider nicht. :(

Am Tag danach hab' ich mich mal wieder auf die Suche nach einem Cafe zum lernen gemacht und erkundete zu diesem Zweck Nihombashi, das gleich an Hacchobori, wo ich wohne, angrenzt. Wikipedia erzählt uns, dass Nihombashi bereits im 17.-18. Jh. zum Geschäftsviertel zwischen der Burg von Edo, den Adelsresidenzen im Westen und der "Unterstadt" im Osten war. Bereits im 17. Jahrhundert gründete die Mitsui-Familie hier das Echigo-ya, den Vorläufer des heutigen Kaufhauses Mitsukoshi, das nobel nobel teuer ist und auch ein Museum betreibt. 

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Das Mitsukoshi-Museum und der neuere Teil des Kaufhauses von außen und innen, wo an die fehlenden Säulen erinnert wird.


Für unserein "nichts Besonderes", zieht dieses altehrwürdige Gebäude Besucher an ohne Ende.


Das Wichtigste in Nihombashi ist jedoch die Nihombashi, ihres Zeichens eine Brücke. (Also, "Nihon" heißt Japan und "hashi" Brücke, "Nihombashi-Brücke" zu schreiben ist daher ein bissl blöd.). Die hatte ich jedenfalls vollkmmen vergessen, bis ich plötzlich auf ihr stand und ich mich wunderte, was denn alle wie verrückt diese Steine fotografieren. Aber auch hier vergisst der ignorante Europäer natürlich, dass Brücken, die 1911 errichtet wurden, seltenheitswert haben. Zumal die Nihombashi natürlich noch wichtiger ist:

Die erste hölzerne Nihombashi wurde 1603 unter Shōgun Tokugawa Ieyasu errichtet, als dieser den Regierungssitz formal in Edo (heute Tokyo) einrichtete. Daher war die Brücke der Ausgangspunkt für as Straßennetz Japans und ist auch heute noch der Referenzpunkt für Entfernungsangaben nach Tokio und Ausgangspunkt von 7 Nationalstraßen. Da die hölzerne Brücke mehrfach niederbrannte, wurde sie 1911 aus Stein gefertigt und ist streng genomen die 20. Nihombashi und sog. "wichtiges Kulturgut". Naja, soll heißen: immerhin wichtig genug, um sie nicht abzureißen, aber leider nicht wichtig genug, um nicht 1963 die Stadtautobahn drüber zu klatschen.


 So sieht das dann aus, inkl. der Tokyoter Olympiawerbung für 2014. :) (Oben am Pfeiler)

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Die schicken Drachen sind das Fotoziel der meisten Touristen. / In dieser schnuckeligen Straße fand ich dann tatsächlich ein süßes Cafe. Leider hab ich nicht begriffen, dass man für den Normalpreis nur Stehplätze bekommt. :( Also hab ich 'ne Stunde Vokabeln am Steh-Tresen gelernt, war auch mal was Neues. *ächtz* 


Das ist ein Bild, das ich reinstelle, nur um euch zu ärgern. :D Der herrliche Sommertag, wie man ihm vom "Studier-Garten" vom 7. Stock des Keio-Seminargebäudes letzte Woche erleben konnte. :P Die Sonne strahl so hell gegen die Kamera, dass es schon wieder irgendwie grau aussieht.^^ Ok, zugegebenermaßen ist es seit zwei Tagen auch nicht mehr so richtig warm...

Und hier mal wieder was aus der kuriosen Ecke: 
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Das Schild links fand ich neulich an einem Cafe. Es verbietet das Spielen von Video-Spielen und Gameboys etc. im Cafe. Wahrscheinlich ist das ein Versuch, die Dauergäste aus dem Cafe zu verbeiten, aber ein Buch-lesen-verboten Schild gab's nicht. Hm.. 

Rechts seht ihr den Bahnhofsplatz Tamachi und seine Raucherinsel. Davor stehen zwei Opas mit grünen Westen, auf denen Stadt-Ordnungsdienst oder so ähnlich geschrieben steht. Die sind von der Rauchen-gefährdet-die-Gesungheit-Abteilung und passen auf wie die Luchse, das sich auch jaaaaaa keiner der rauchenden Schlote erdreistet, sich zu sehr vom Insel-Schild zu entfernen. Sollte das passieren, flitzen sie sofort zum Übelteter und weisen darauf hin, dass er sich zu sehr entfernt hat. :D

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Hacchobori

Ja, ich weiß, ich hab' diesen Blog sträflich vernachlässigt. Es erreichen mich Nachrichten von beuunruhigten Familienmitgliedern, die sich fragen, ob es mich noch gibt. Also ja, es gibt mich noch. Ich bin noch nicht mal soooo beschäftigt, wie die letzten zwei Jahre. Aber dieser plötzliche Japanaufenthalt birgt eben doch auch andere Tücken.

Seit ich hier bin, beschäftige ich mich damit, irgendwie einen Plan darüber zu erstellen, was ich eigentlich hier will. Das ist aber schwierig, weil sich das mit der Literaturrecherche eben immer erst so stückchenweise ergibt. Also bin ich fleißig in der Bibliothek und verusche, irgendwie Ordnung in meine Forschung zu bringen. Daneben versuche ich, mal wieder ordentlich ins Japanisch Lernen zu investieren, was mir einen Halt im Wochenplan geben soll, aber irgendwie... bin ich doch daran gewöhnt, vornehmlich zu Hause zu arbeiten und das ständige Pendeln zwischen Bibliothek, Cafe und Mensa ist irgendwie nicht mein Ding, verschlingt Zeit und erfordert mehr Planung, als ich aufbringen kann. Vor allem wegen des Internets, ohne das das Leben eines Studenten einfach nicht machbar ist. Aber nun habe ich endlich einen Uni-Online-Zugang (der mich mal eben 250 € kostet, wie ich heute erfahre, ohne vorher je von Kosten gelesen/gehört zu haben.). Die eingeschränkte Erreichbarkeit war jedenfalls sehr ungünstig, weil meine Konzentrationsversuche aufs Wesentliche in diesen letzten beiden Wochen auch fleißig von Universitäten und Stiftungen gleichermaßen torpediert wurden, die immer dieses oder jenes haben wollen, ich aber im Prinzip nicht zu Hause war. ... Naja, es bleibt festzuhalten, dass Studium zu 90% aus Verwaltung und VerwaltungEN besteht, die sich mit sich und allen anderen v.a. im Unklaren befinden, was ziemlich schlaucht. 

So auch wieder mal diese Riesen-Stadt, die mich damit nun schon zum viertel Mal überrascht. Die (wenigen) Ereignisse der letzten beiden Wochen lassen also noch in bisschen auf sich warten, diesmal kriegt ihr das Haus und die Gegend vorgestellt, in der ich wohne. 

Ich wohne im Stadtteil Hacchobori, direkt neben dem Bahnhof von Tokyo und damit also im (ziemlich östlichen, aber immerhin) Herz der Stadt. Ziemlich teuer, möchte man meinen, aber ich bin in einem Guesthouse untergekommen, an dem alles, v.a. eben der Preis, ziemlich moderat ist. Das fängt bei der Lage an. In der Mitte zu sein, hat natürlich seinen Vorteil, die Nachteile sind aber auch nicht ohne. Z.B. befindet sich mein unscheinbares Häuschen umzingelt von Hochhausriesen, was v.a. bedeutet: Es ist finster. Es ist von morgens an finster, natürliches Licht ist an diesem Ort nicht vorgesehen. Ansonsten bietet die Lage natürlich sau-teuere Einkaufsmöglickeiten, weit-und-breit keinen 100-Yen-Shop und die Schnellstraße ist selbstverständlich inklusive. "Wie leise es hier doch ist" zwitscherte unlängst eine japanische Freundin, als sie dem natürlichen Geholpere der Lastwagen, den Polizeisirenen und dem allgm. Straßenlärm lauschte.  Ich hätte ja nur die Straße als Störfaktor - das ist Luxus. Richtig, man muss es positiv sehen: Andere Leute wohnen schließlich 10 cm neben der Bahnstrecke.     

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Dies ist der Eingang, um den ich beim ersten Mal mit meinem schweren Koffer sicherlich 15 Min. herumgekreist bin, bevor ich ihn als Eingang identifizierte.Jeder hat sein Schuhfach, es herrscht Pantoffel-Zwang.

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Als erstes trifft man auf die Küche, wenn man nach oben geht. Dieser Ort ist der soziale Treffpunkt, an dem man mit den sonstigen Bewohnern ins Gespräch kommen kann. Diese bestehen zum Großteil aus leutseligen älteren japanischen Herren um die 40-50, die ich zuuuu gern fagen würde, warum um alles in der Welt sie in einem Guesthouse leben. Aber das geht wohl nicht. Außer einer Französin, deren Zimmer direkt in der Küche ist (eindeutig Arschkarte^^), scheine ich die einzige Ausländerin zu sein, wobei der Großteil der Bewohner sich allerdings gekonnt versteckt. Jedenfalls ist das Haus angeblich voll, ich habe aber erst eine handvoll Leute gesehen. 

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Ein Stockwerk darüber ist "das Bad". D.h. es gibt ca. 5 Duschkabinen und viele Waschbecken, gegenüber denen aber auch wieder Leute wohnen. Ich fürchte, die störe ich abends öfter mit dem Fön, aber noch hat sich keiner beschwert. Das ganze könnte schon ein bisschen komisch sein, aber bisher habe ich noch nie Konkurrenz gehabt, wenn ich am Waschbecken stand, von daher ist das eigentlich kein Problem. Noch ein Stockwerk weiter drüber befinden sich die Toiletten. 

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Noch ein Stockwerk höher ist mein Zimmerchen. Im Prinzip ist das sehr praktisch, denn unter mir ist  nur die Toilette und neben mir ist nur ein leerer Raum unbestimmten Zwecks, so dass ich niemanden so richtig stören kann. Das ist bei der Wandbeschaffenheit hier durchaus vorteilhaft. Mein Zimmer ist diesmal 4 Tatami groß, was im Vergleich zu meinem letzten Guesthouse (2,5) eine echte Verbesserung ist. :) Allerdings war damals die Platznutzung wesentlich effizienter durch das Hochbett, aber ejal. Solange die zwei Haken in der Außenwand irgendwie den Großteil meiner Klamotten ertragen, ist alles i.O... Und ich habe diesmal sogar zwei Fenster, ha!

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Das Bett hat ja nun eine kuschelige Decke und ein Kissen und so langsam hab' ich mich eingerichtet, so dass ich nicht mehr über mein Zeug falle. Von daher is es schon ein niedliches kleines Zimmer, das eben das Problem hat, dass es nie hell ist (die Fotos verdanken ihr Licht der Kamera), denn hinter den Fenstern gibts nur Hauswand zu sehen. Und selbst im Sommer ist es kalt. Zumindest bei den jetzigen 24°C draußen ist es hier immer gefühlte 10°C kälter... Und man ist halt doch verwöhnt. Der Hocker mit der Mini-Lehne und die Abwesenheit eines Sofas in diesem Haus setzen meinen jugendlichen Knochen jedenfalls mehr zu, als gedacht. o_o

Die direkte Nachbarschaft besteht hauptsächlich aus Büro-Hochhäusern, mit Cafes und Restaurants dazwischen. Wenn man ein bisschen weiter geht, kommt man jedoch schon ans Wasser.

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Überraschenderweise gibt es in der Nachbarschaft relativ viele "Parks". Diese sind ja, wie wir wissen, immer fein auf jeder Karte als grüner Fleck identifiziert, was jedem Ausländer Grünzeugs und Natur suggeriert. Die richtige Übersetzungwäre jedenfals "Platz". Auf diesen Plätzen sind ein paar Bänke, 'n Baum und 'ne Rutsche.  Die habe ich zu Lektürezwecken eifrig frequentiert (also die Plätze), was bei dem Wetter hier sehr schön war. Bis auf heute, wo ich nur über die Straße vorm Haus saß, um bei Regen schnell verschwinden zu können und trotzdem unrettbar von der plötzlich eintretenden Sintflut hinweg gefegt wurde. O_o 

Das Foto gibt die Sintflut nicht richtig wieder. Es wird jedenfalls demnächst auch hier kälter. Schade eigentlich.

Die Essenz des Ganzen ist jedenfalls: Ich bin praktisch nicht zu Hause. Ich gehe aus dem Haus, verbringe die Stunden irgendwo zwischen Parks, Mensa, Bibliothek und irgendwelchen Cafes und versuche, mein Zeugs dabei zu erledigen. Und das stresst gewaltig. Man ist ja wirklich von morgens bis abends weg und wuselt andauernd durch diese Bahnhöfe und Straßen und Tunnel und was weiß ich. Deswegen sind die Tage hier so schnell weg, obwohl man wie immer nicht die Hälfte von dem geschaft hat, was man wollte. Weil man nicht "zu Hause" ist und weil es nicht "gemütlich" ist. Nicht mal die Cafes, die natürlich Cafe-Ketten sind, überklimatisiert und auf kurz verweilende Gäste ausgelegt. Machen die Tokyoter das alle so? Der Blick in die Cafes sagt: ja. Das ist tödlich auf die Dauer, da bin ich mir sicher. 

Dienstag, 9. Oktober 2012

Japan! ..und zwar schneller als gedacht.

Bin ich also wieder hier. Vielleicht sollte ich für den geneigten Leser ein bisschen weiter ausholen: Aaaalso... wir schreiben das Jahr 2012 und es ist ein geschätztes Jahrhundert lang, weil es dazu genutzt werden musste, die *hust* lieeebe Masterarbeit zu schreiben. Die ist FERTIIIIIIIG! Zusammen mit der Erstellerin (Dreifach-Sinn ist beabsichtigt.) Doch halt: Eins fehlt zum Glück noch - natürlich Note und Zeugnis. Aber immerhin wurde am 3. September die Prüfung bestanden um dann sofort die fleißig verdienten Ferieeeeeen endlich zu beginnen! Also, um sich hurtig an die Bewerbung für das Doktorandenstudium zu machen, denn Stipendien-, Universitäts- und sonstige Deadlines lassen so ungern an sich kratzen. Also wurde mit nun wirklich allerletzter Kraft noch an der Bewerbung gezimmert und zwar fast bis zum wörtlich zu nehmenden letzten Tag, nämlich bis zum 2. Oktober 2012. 

Danach gab es Familienausflug nach Dresden und schon wurde ich zum Flieger gekutscht, der mich einen Tag später, am 5. Oktober 2012, sicher in Japan ablud. Wie es dazu kam? Nun, ich bin ja nun (fast - immerhin beworbener) Doktorand und brauche entsprechend Material! Sonst wird das ja in den nächsten zwei Jahren (O-Ton Professor) nix. 

Also bin ich brav aus dem Aeroflot-Flieger geklettert und bei hiesigen herbstlichen Temperaturen (sprich sengender Hitze) mit Sack und Pack zum Freshroom Tokyo getigert, wo ein kleines Zimmerchen auf mich wartete. Soweit so gut, aber...fehlte da nicht was? ^^°  Ohne Bettzeug machte sich das alles nich' so jut. Aber es war keine Zeit, sich darum zu kümmern: Der kühne Anti-Jetlag-Plan sah einen Besuch bei der Keio und ein Konzert vor, also musste ich mich sputen. Bei der Keio wollte ich nach meiner Bewerbung fragen, weil die Deadline am besagten 5. war, die Post es aber nicht nötig hatte, ordentlich zu arbeiten. Aber dort wusste man Bescheid, dass die Bewerbung kommt, und die Verspätung sei kein Problem. Schön. Bleibt nur zu hoffen, dass der DAAD auch so locker drauf ist, dort zählt zwar der Poststempel, aber das Einschreiben war nach 3 Tagen jedenfalls noch nicht da. -.-

Danach ging es nach Takadanobaba, wobei mein Erfolg püntklich zu sein durch die Bahn torpediert wurde. Aber ich hab Kristin trotzdem gefunden und zusammen ging es zum Creature Creature Live, das wir gegen 10 glücklich und erledigt verließen. Da mein Bett noch nicht schlafbereit war, hab' ich mich für die Nacht kurzerhand bei Kristin + Freund einquartiert, was in einer Schlafensgehzeit von um 4 resultierte. @_@

Einigermaßen wach stand am 6. dann die Bewohnbarmachung meines Zimmers an. Die wurde am 7. komplettiert, weil mir eine gute Freundin, Akiko, zum Glück ein Set Decken und Kissen  etc. gebracht hat, so dass ich auch im November nicht frieren muss. Obendrauf gab es einen Mini-Plaste-SkyTree (Tokyos neuer höchster Turm) mit Beleuchtung als Geschenk, der dadurch immerhin seine Bleibeberechtigung durch Dienst als Nachtlampe erworben hat. ;D Mit Akiko ging es rund um den Bahnhof Tokyo spazieren, weil die Renovierung und der Ausbau des Bahnhofs (sprich: etlicher Kilometer über und unter Land rund um die Station) noch nicht abgeschlossen war, als ich das letzte Mal da war.

Meine neue Kamera kann Panorama-Bilder! *-*  Ihr seht den alten Bahnhof Tokyo auf dem späten 19. Jh., der jetzt renoviert zum Nationalschatz erhoben wurde.

Ich erinnere an dieser Stelle mal an einen Eintrag vom April 2009:
 Anschließend fing die Essenssuche-Odyssee an, mal wieder. Um den Palast herum gibt es aber auch gar nichts zum einkehren.
Dieses Problem soll niemals wieder jemand haben: Tokyo verfügt jetzt jedenfalls über einen Riesenkomplex an Läden und Fressbuden mehr. Man fragt sich, wo die Leute früher alle waren, denn es strömen Millionen durch die Gänge und es konnte noch nicht wirklich festgestellt werden, dass diese Massen an anderer Stelle fehlen.... Das Essensvergnügen wird also nur durch die obligatorischen Schlangen sprich Wartezeiten gehemmt, es scheint also fast, als wäre noch immer nicht genug Angebot da. 

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Die Kuppel im Eingangsbereich des Bahnhofs, *-* + Akiko

Es gibt eine weitere schockierende Neuigkeit: Bänke! Also, so zum sitzen. So am Gehweg. So..viele! Grandios! Ich muss dreingeschaut haben wie'n Osterei als ich davon hörte, jedenfalls hab ich die arme Akiko völlig durcheinander gebracht, als sie versuchte, mir davon zu berichten. Das Highlight des Ganzen: Auf etlichen Bänken sitzten bereits Dauergäste - Plastik-Figuren von berühmten Personen aus Kunst, Geschichte, Entertainmentwelt etc.

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l: leckeres Mittagessen; r: Sakamoto Ryoma darf natürlich nicht fehlen! (Habe meine BA-Arbeit über ihn geschrieben.)

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Auf unserem Rundgang habe ich so viele Cafés mit Sitzmöglichkeiten draußen gesehen wie noch nie. - Tokyo macht Werbung für Olympia 2020.
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So ist sogar mal ein Stelldichein mit Oguri Shun möglich. :) (Schauspieler) - Und auch das alte Japan darf natürlich nicht fehlen. Wenn es auch ein bisschen gequetscht wirkt. 



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Einwandfreies Stromsparen, das natürlich immer noch ausgerufen ist. - Und rechts seht ihr das Schaufenster von Hermes mit seinen neusten Krawatten-Kreationen.


Unter der Bahnbrücke von Yurakucho versteckt sich noch so ein Ort des ungenierten Füße-Hochhebens nach der Arbeit für die Businessmänner. Diese kleinen Kneipen gab es früher überall unter den Schienen, jetzt sind es aber weniger.