Donnerstag, 31. März 2016

Tenri, Kobe und Arima-Onsen

Am Mittwoch begleitete ich einen japanischen Professor auf den Spuren von Nakayama Miki, der Gründerin der Tenrikyo. Die ich ja beforsche :). Das war also auch für mich interessant, denn obwohl ich schon etliche Male in Tenri gewesen war und die Tempel und Schreine besucht hatte, die mit der Religion in Zusammenhang standen, hatte ich nie Hinweise auf Lebensorte der Gründerin gefunden. Es gab auch tatsächlich keine Ausschilderung in irgendeiner Weise, man muss halt wissen, wo man suchen muss. Ich hätte ja gedacht, man würde es seinen Gläubigen leichter machen (immerhin hat die Religion auch ausländische Gläubige), die sich alle Jahre in Tenri einfinden. Jedenfalls sind wir auf der Suche nach der richtigen Adresse durch das umliegende Dorf gepilgert und hatten Glück, dass wir auf eine Post gestoßen sind, in der man uns weiterhelfen konnte. Adressen müssen die schließlich wissen. 

Das Geburtshaus von Nakayama Miki steht noch, genauso wie weitere Gebäude, in denen die Familie Maekawa gelebt hat, bis Miki heiratete und umzog, dorthin, wo jetzt das Hauptheiligtum der Kirche liegt. 
 Das ist nur das Vorhaus, glaube ich. Das Haupthaus war prächtger, passte aber nicht auf's Foto.
 Die Küche
 Das hintere ist das Geburtszimmer.
 Der Tempel, bei dem das Grab der Gründerin zunächst gelegen hat, bevor sie umgebettet wurde.

 Die ersten Gebäude der Tenrikyo, in denen Miki im heutigen Tenri Besucher empfangen und gelebt hat, werden von einem Wachmann bewacht und dürfen nicht fotografiert werden. Sie sind direkt neben dem Haupttempel, aber auch hier mussten wir extra nachfragen, bevor wir den richtigen Ort fanden. Die erste Person behauptete dabei, den Ort nicht zu kennen, obwohl die schwarze Jacke mit der Aufschrift „Tenrikyo“ eindeutig darauf hinwies, dass wir uns einen Gläubigen zum Fragen geangelt hatten. Die Leute reagierten zwar alle nett, aber so richtig scheint man Fremde mit Fragen doch nicht recht zu mögen.  
   
Am Donnerstag nutzte ich das schöne Wetter, um noch einen Stopp in Kōbe einzulegen. Kōbe ist keine 2 Stunden von Nara entfernt und ich war noch nie dort gewesen - also nix wie hin! Ich hatte anderthalb Tage geplant, aber für Kobe reicht im Prinzip einer. 

 Der Ikuta-Schrein in Kobe
 Die Stadt Kobe gleicht allen anderen Großstädten auch
 Bis auf solche Juwelen, die sich hier und dort zeigen.
Natürlich ist der Unterhalt nicht ganz billig - welcher Betreiber eignet sich also besser als die Café-Kette Starbucks?

Kōbe war schon immer eine bedeutende Hafenstadt: Schon in der Nara-Zeit (710–784 n. Chr.) legten hier Handelsschiffe aus China und anderen Ländern an. Bekannt ist Kōbe außerdem seit eh und je für die heißen Quellen im nahe gelegenen Arima – auch der berühmte Reichseiniger Toyotomi Hideyoshi soll oft hierher gekommen sein, um genüsslich zu baden. In der Edo-Zeit (1603–1867) wurde die Stadt außerdem bekannt für seine Sake-Brauereien. Noch heute kommt der größte Teil der japanischen Sake-Produktion von dort. Nicht vergessen darf man natürlich auch das Kōbe-Rind, das zu äußerst teuren Filetstückchen verarbeitet wird und das ich daher dann doch nicht genossen habe. 


 



Als sich Japan unter dem Druck Amerikas in der Meiji-Restauration der Welt öffnete, fiel 1868 der Startschuss für die Entwicklung Kōbes zu einer internationalen Hafenstadt. (Die Bilder zeigen bereits den Hafen)
Viele Amerikaner und Europäer kamen nach Kōbe und etablierten sich in der Gegend des Hafens und des Stadtteils Kitano, der auch der interessanteste Teil der Stadt ist, denn einige Gebäude haben die Napalmbomben des Zweiten Weltkriegs überlebt und sind heute Museen oder Cafés, die man besuchen kann. So in das normale Stadtbild von Kōbe an den Berghang gepresst, sieht das Viertel wirklich sehr interessant aus. Man merkt auch die Bemühungen, das Viertel attraktiv zu gestalten und zu erhalten, auch wenn in Kobe bei weitem weniger Touristen umherspazieren, als beispielsweise in Osaka und Kyoto. 

 Die Sicht vom Berg-Schrein aus, dem Kitano-Tenman-gu

 Der Grund für die gute Aussicht....der Weg zum Kitano-Tenman-gu


Kōbe ist eher so wie Nara, die Stadt, die man noch dranhängt, wenn man sonst alles gesehen hat. Ich war natürlich auch in der Hafengegend, die in Kombination mit China-Town sehr wie Yokohama aussieht.

Das Hafenbecken sieht wie aus dem Ei gepellt aus - es wurde ja auch erst nach dem großen Kobe-Erdbeben 1995 neu gebaut.

 Dieser Abschnitt ist jetzt Denkmal und wurde so belassen, wie die Uferpromenade nach dem verheerenden Erdbeben 1995 ausgesehen hat. 

Am nächsten Tag sollte es zwar schon nach Tokyo zurück gehen, aber nicht, ohne im erholsamen Arima-Onsen-Resort gewesen zu sein. Arima ist als Heilort mit heißen Quellen bereits seit dem 8. Jh. belegt und zieht Besucher dank seines „Goldwassers“, das mit Salzen und Eisen durchsetzt ist und deshalb bräunlich aussieht,  und seines „Silberwassers“, das farblos ist und Radium beinhaltet, an. 

Die zwei Onsen-Badehäuser, die Gelegenheitsgästen Zugang gewähren, heißen daher auch „Silberbad“ und „Goldbad.“ Daneben gibt es ca. 20 weitere Hotels und Wellnessoasen, so dass ich sehr positiv überrascht war, als sich Arima-Onsen als ein neckischer kleiner Ort herausstellte, bei dem der historische Kern erhalten geblieben ist und in ca. einer Stunde abgelaufen werden kann. Ich war im „Goldbad“ und kurierte meine abgelatschten Füßchen und die wehleidigen Knochen, die finden, dass japanische Hostelbetten doch etwas dickere Futons vertragen könnten. 
 

 

 Die Quelle?

Zurück in Tokyo holte mich der Alltag wieder ein – die verreisten Tage mussten am Wochenende nachgeholt werden, denn es galt noch den letzten Abschlussvortrag vorzubereiten, Bücher zu kopieren, Blätterstapel zu ordnen, Visitenkarten auszusortieren etc. pp.    

Mittwoch, 30. März 2016

Omizu-tori in Nara

Ich hatte meine Reise in die Kansai-Gegend um Kyoto extra einen Tag vorverlegt, damit ich vor meinem großen wissenschaftlichen Auftritt noch die „O-mizu-tori“ Zeremonie in Nara mitnehmen konnte. 

Wie der Name „Wasser-Schöpf-Zeremonie“ schon sagt, gibt es zwei Wochen lang ein feuriges Festival, was es zu DEM zentralen Ereignis in Nara macht. Das Fest begleitet die Shuni-e-Riten, die ritualisierten Frühlingsputz beinhalten. Wie links zu sehen, lugte der Frühling erst sehr vorsichtig um die Ecke, also war es auch höchste Zeit!

Der Höhepunkt ist am 12. März, wenn in einer stundenlangen nächtlichen Zeremonie Wasser aus dem Wakasa-Brunnen an der Nigatsu-do (Februar-Halle) geholt wird. Der Legende nach sprudelt dieser Brunnen nur ein Mal in Jahr zu besagtem Ereignis, was göttlicher Intervention zu verdanken ist. Es ist ja nicht so, als hätte der Gründer des Festes, Jitchuu, altertümlichst ca. 13700 Götter auf den letzten Drücker eingeladen  - Warum der Gott Onyu also ausgerechnet an dem Tag fischen gehen musste und entsprechend zu spät kam, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Onyu jedoch war es peinlich und so schenkte er also diese Quelle zu speziell diesem Fest. Warum nun um diese Quelle die Februar-Halle gebaut wurde, wenn das Fest im März ist, und warum es mit Feuer begangen wird statt Wasser….Rätsel über Rätsel. Vielleicht lässt sich aber alles sehr elegant mit dem Wort „Funkenregen“ überbrücken, denn das Fest ist ein einziges Funkenregen-Spektakel.  D.h. das wäre es gewesen, wenn es am 13. März, dem vorletzten Tag, nicht pünktlich 10 Minuten vor 19.00 Uhr zu gießen angefangen hätte, aber wer weiß, dass war vielleicht auch göttliche Fügung. 


Jedenfalls standen die Massen unterhalb der Tempelhalle, die am Berghang erbaut majestätisch über alles hinausragte. Die Halle hat eine Veranda und auf diese richteten sich alle Blicke, während aus Lautsprechern auf Japanisch, Chinesisch und Englisch darauf aufmerksam gemacht wurde, dass man andere nicht stören, man seine Tasche im Blick behalten und sich bei jeglichen Vorfällen an die Polizei wenden sollte. Jaja…. -.- Aber dann flammte es am linken Ende der Veranda auf und  ich glaubte schon daran, dass das Dach doch Feuer fangen müsste, denn der Mönch auf der Veranda hielt seine 6 Meter lange Bambusstange schräg nach oben, während das Reisigbündel am Ende in Flammen aufging. So wurde eine Weile gewartet, bis das Reisig gefährlichglühte und dann drehte der Mönch die Stange und rannte über die Veranda, während die Funken einem Funkenregen gleich den Tempel hinunterstoben. Dann stellte er die Stange am rechten Ende wieder auf, bis das Reisigbündel komplett auseinanderstob. Das ganze wiederholte sich 10 Mal, wobei die Menge den Atem anhielt, wenn die vorangegangene Stange noch glühte, der nächste Mönch also noch nicht losrennen konnte, aber schon Gefahr lief, dass ihm das Bündel noch auf der Veranda abfiel.

Nara-machi, die Altstadt
 
Das Schauspiel hatte die Wetter-Götter momentan  jedenfalls beeindruckt, denn die darauf folgende Woche war vergleichsweise warum und der Frühling lag in der Luft. 

So „gereinigt“ trat ich am Montag, dem 14. März, den Gang zur Doshisha-Universität in Kyoto an, wo ich bei einer der Omoto-Forschungsgruppen meinen Vortrag hielt. Die Gruppe besteht aus Professoren und Doktoranden, die sich mit den Neuen Religion in Japan beschäftigen, daher war es das erste Mal, dass ich tatsächlich vor Fachpublikum sprach. Entsprechend glücklich war ich über die positive Aufnahme meines Themas und Literaturhinweise. War also alles primstens.

 Freischwebende Kunst :)

Am nächsten Tag hätte ich also voller Elan mich der Literaturbeschaffung an der Tenri-Bibliothek widmen können, wenn ich dieses Mal nicht ziemliches Pech mit den Hostels gehabt hätte. Dabei hatte ich sogar Räume erwischt, die gute robuste Betten und v.a. dicke schließende Vorhänge davor hatten, so dass ich gegen alle mit Licht schlafenden Asiaten gefeit war! Aber alle Ohrstöpsel dieser Welt helfen nicht, wenn in der Nacht irgendein blödes Handy fünfmal vibriert und am Ende auch noch denselben Weckerton hat wie meins. -.- Die Krönung war natürlich, dass dieses Monster von einem asozialen Menschen, das seinen Wecker auf 5 Uhr gestellt hatte, nicht etwas 5 Uhr aufstand, sondern sich alle halbe Stunde bis 7.30 h wecken ließ, bevor überhaupt Zeichen zu vernehmen waren, dass Madame den Wecker wahrgenommen hat. Ich wär‘ bald im Dreieck gesprungen.    

Im übrigen ist mein Schwesterherz in Tokyo eingetroffen und zwingt meine Füßchen zu weiteren Hochstleistungen. Es folgen also noch Einträge aus Tokyo und aus Taiwan. :)  

Samstag, 12. März 2016

Das Chihiro Art Museum & die ersten Blümchen

Der Februar konnte sich stellenweise nicht so recht entscheiden, ob er schon Frühling sein wollte, also war es mehrheitlich ziemlich kalt. Meine Schlafmütze leistete mir nach wie vor gute Dienste. An einem Wochenende beschloss ich mein Studium ins Museum zu verlegen - genauer gesagt, ins Chihiro Art Museum.  Das Chihiro Art Museum ist inmitten eines Wohngebiets unweit von mir gelegen, weil es 1977 am Wohn- und Schaffensort der Kinderbuchillustratorin Chihiro Iwasaki (1918-1974) gegründet wurde. Es beherbergt eine kleine Kollektion ihrer Illustrationen, z.B. von den Märchen von H.C. Andersen und auch ein Zimmer für ausländische Kinderbücher. Anscheinend ist es das einzige Kinderbuch-Bildermuseum in Japan.

Ich kannte die Künstlerin nun nicht, aber bei Aquarellmalerei liegt man selten daneben. Abgesehen von der kleinen Ausstellung ist aber auch das Museum selbst ein sehr netter kleiner Ort, der kinderfreundlich und barrierefrei gestaltet ist und ein Café sowie eine kleine Bibliothek enthält, die allesamt um einen kleinen Innenhof-Garten gebaut sind, auf den man aus großen Fenstern schauen kann. Insgesamt als oein sehr schöner entspannter Ort, an dem ich meine Bücher wältzte. 
Ansonsten war im Februar der Geburtstag meiner Freundin Nancy mit viel Karaoke angesagt und dank Semesterferien haben wir es sogar geschafft, fast jede Woche einen gemeinsamen Lerntag enzulegen, damit es mit der Motivation am späten Nachmittag besser klappt. ;) Natürlich verhalf auch diese süße Kaffee-Kunst zu erfolgreichen Lernstunden.   Und nein, der Kaffee beinhaltet, soweit ich weiß, keine versteckte Botschaft. Wahrscheinlich handelt es sich hier um den einzigen Satz, den der Kellner auf Deutsch wusste. ;) 

Ende Februar hat es mich dann erstmal erkältungstechnisch aus dem Rennen genommen, so wie fast alle anderen am DIJ. Also waren die letzten Tage nicht sehr ereignisreich, denn ich war viel zu Hause. Ich war aber doch froh, dass ich noch zwei letzte Konzerte in meinen Stundenplan packen konnte, denn so schnell werde ich wohl weder Dir en grey noch Big Bang live zu Gesicht bekommen. Die Chance musste also auch noch genutzt werden, denn so langsam muss ich schon daran denken, was alles unbedingt noch erledigt, welche Bücher gesucht und kopiert, welche Aufsätze gelesen werden müssen. Und nicht zu vergessen der Müll! Ganz wichtig. Ich habe nämlich keinen festen Müllsammelplatz am Haus, weswegen ich schon jetzt daran denken muss, meinen "Nicht-brennbaren Müll" loszuwerden, da ich den Sack nur jeden dritten Sonntag im Monat vor die Tür stellen kann. Die letzte Chance ist dann im März und danach... das wird noch lustig. Im Mietvertrag steht extra, man soll seinen letzten Müll gefälligst Tag-gerecht abgeben, sonst wird nicht die volle Kauton ausgezahlt. Witziges Volk. Als wenn sich Plastik- oder Bio- und Sondermüll am Auszugstag vermeiden lassen würden. :( 

Natürlich ist auch zu bedenken gewesen, welche Freunde noch alle getroffen werden müssen, bevor es heimwärts geht. Auf einem Spaziergang in Ochanomizu war ich dabei zum ersten Mal auf die Nikolai-Kathedrale (Kathedrale der Heiligen Widerauferstehung), eine der ältesten Orthodoxe Kirche Japans, gestoßen. Sie wurde 1891 fertig gestellt und blickte standesgemäß auf den Kaiserpalast herab. Das war natürlich, bevor die Landschaft in den 1960ern mit Hochhäusern zugepflastert wurde. Heute ist die Kathedrale kaum zu sehen, wenn man nicht quasi direkt davor steht. 
 

Außerdem kann man langsam auch die Vorboten des Frühlings sehen. An ein paar Tagen waren die Temperaturen auf 16-20°C geklettert, bei vollem SOnnenschein. Damit kann man doch schon leben. Das dachten sich auch die Pflänzchen, auch wenn Februar für die Pflaumenblütenzeit oder die Winter-Kirsche etwas früh ist .  


Es ist also endlich wieder Farbe angesagt!

 Was wäre auch ein Tee-Haus ohne blühendes Bäumchen davor. :)
 Der Shinjuku-gyoen Park im März. Noch sind die Wiesen gelb und die Bäume recht grau, aber Ende März wird es eine wahre Kirschblütenpracht werden.

Noch ein Vorbote des Frühlings: Pünktlich ab ersten März ist die Ladenware plötzlich komplett rosa-rot. Sakura-Kaffee, -Tee, -Milch, -Schokolade, -Yoghurt, wo auch immer man Kirschblüten theoretisch reinrühren kann, da ist sie jetzt drin, und wo nicht, da ist sie wenigstens draufgemalt. Japaner lieber ihre Jahreszeiten-Specials und die Kirschblüten-Produkte sind so ziemlich die absolute Nr. 1, was das anbelangt. Man hat ja langsam auch echt genug vom Winter.  Das hat der Winter wohl auch gehört, denn dieses Jahr sollen die Kirschblüten eine Woche früher blühen als vielerorts üblich. Das bringt den Wochenend-Plan vieler Japaner komplett durcheinander, aber mein Schwesterherz und ich haben vielleicht Glück, und erwischen die Kirsche sowohl in Tokyo als auch in Sendai. Mal schauen. 

Für mich geht es am Montag erst einmal wieder nach Kyoto, wo ich vor einer Gruppe ehrwürdiger Professoren und Jungforscher meine Forschung auf Japanisch vorstellen werde. Ich bin gespannt, denn es ist der erste Vortrag, den ich vor Sachverständigen halten werde. Außerdem werde ich wieder in Nara und Tenri Station machen und wenn die dortige Bibliothek abgehakt ist, geht es zum ersten Mal nach Kobe. Bis dorthin hatte ich es noch nicht geschafft, ich bin gespannt! :)