Sonntag, 31. Mai 2015

Odaiba Design Festa & Kyu-Furukawa teien

Am 16. Mai war ein recht hässlich nieselig pieseliger Tag, daher machte es auch nichts, dass ich mit einer Freundin aus dem MA, der Judith, zur Odaiba Design Festa im Tokyo Big Sight (rechts zu sehen) fuhr.
Das ist im Prinzip eine riesige Kunst-Flohmarkt-Veranstaltung, wenn man so will, bei der selbst ernannte und andere Künstler selbst Geschöpftes zum Verkauf anbieten.

Natürlich gab es massenhaft Schuck-Kram, bei dem aus mir unerfindlichen Gründen immer noch dieses Plaste-Essen am beliebstesten ist (wer will denn nicht Sushi-Ohrringe, Toast-Anhänger und 'ne grinsende Bohnen-Kette haben?).

Es gab aber auch Keramik, Hüte, Kuscheltiere, skurrile T-Shirts, Spielzeug bis hin zu Bildern und Installationen. Der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt.
Zum Beispiel gab es diese wunderbare Fotoausstellung, mit dem Thema "Frauen-Oberschenkel". Ja...

Es gab aber auch viel für Steampunk-Liebhaber, also allerlei Uhren und Schmuck aus Uhrwerk-Teilen und Leder. Der Renner waren irgendwie aufsetzbare Hammel-Hörner und lederne Schnagelmasken. Leider habe ich da niemanden vor die Kamera bekommen, was wirklich schade ist, denn einige Teilnehmer sahen schon aus wie direkt aus einem Fantasy-19.-Jahrhundert.
 
Ich habe jedenfalls auch zugeschlagen. Leider nicht bei den Badewannen, die waren dann doch nicht ganz so praktisch nach Hause zu transportieren. ;) 
Beim Mittagessen haben wir uns auch gemütlich eine Balettvorstellung und eine japanische Schwertkampf-Hick-Hack-Vorstellung angeschaut.Die 5 Stunden waren jedenfalls schnell rum und es war es doch ein gelungener Tag gewesen. 

Am Sonntag darauf war so schönes Wetter, dass dies unbedingt draußen verbracht werden musste. Das Ziel diesmal war der Kyu-Furukawa Teien. Das ist eins dieser Anwesen, die in der Meiji- (1868-1911) oder Taisho-Zeit (1912-1926) gebaut wurden und ein japanisches Anwesen mit einem englischen Garten, oder ein europäisch angehauchtes Herrenhaus mit japanischem Garten usw. verbinden. In disem Fall haben wir es mit der Villa im westlichen Stil von Furukawa Toranosuke aus dem Jahr 1917 zu tun. Das Haus ist aus Natur-Backstein gebaut und daher etwas Besonderes in Japan. 
Der Garten am Haus wurde ebenfalls westlich angelegt mit Rasenflächen, Rabatten und Buchsbaum- Einfassungen. Es befinden sich v.a. viele Rosen in dem Garten. Im Mai, zur Rosen-Zeit, gibt es auch klassische Konzerte und Lichtsinstallationen, aber das habe ich nicht gesehen. Am dem normalen Wochenende am Nachmittag waren mir schon genug Leute da. Der weitaus größere Teil unterhalb des Hauses wurde jedoch japanisch gestaltet. Mittelpunkt des japanischen Gartens ist ein großer Teich, der die  klassische Form des „Herzzeichens“ hat, so, wie es sich aus in einem Zug gemalten kokoro (心) ergibt. 
 Der japanische Teil sieht eher aus wie der Eingang in einen Wald.
 Der Herz-Teich
 
 Die Massen an den Rosen
So blühen Palmen
Ich wusste gar nicht, wie viele Rosen nach Schauspielern und Fashion-Designern etc. benannt sind. Aber von Christian Dior über Lady Di und Queen Elisabeth - alle sind sie da irgendwie verewigt.

Ein anderes Highlight im Mai war das quasi obligatorische Dir en grey-Konzert. Abgesehen davon war dieser Monat auch voll von Vorträgen am Institut selbst oder auch außerhalb. So habe ich zum ersten mal die Christian International University in der Nähe von Mitaka besucht, die einen malerisch weitläufigen Campus mitten im Wald hat.

Sonntag, 17. Mai 2015

Ashikaga Flower Park oder auch das Glyzinien-Paradies

Der Mai ist in Japan richtig goldig, denn es gibt dank viel politischen Engagements die "Golden Week", eine Serie aus Feiertagen, die in Kombination mit mindestens einem Wochenende je nach Jahr und dem Einsatz von Urlaubstagen auf cirka eine Woche ausgebaut werden können. Es gibt dafür auch eine goldige Regel - Willst du die Völkerwanderung vermeiden, solltest du zu Hause bleiben. Oder so. :)

Mit jedem Meter, der an einem der großen Bahnhöfe zurück gelegt werden muss, droht es, dich in einen Strudel menschlicher Wirrnis zum falschen Ausgang oder Zug zu reißen, deinen heruntergefallenen Teddy siehst du nie wieder, weinende, verlorene Kinder säumen den Weg, Gepäckleichen zieren das Schlachtfeld nach der Zugabfahrt und die Omas mit Krückstock sehen Pfefferspray plötzlich als legales Mittel für den Nah- bis mittleren Nahkampf an! So die Legenden. ;-)

Ganz so schlimm ist es nicht, aber das Bild der Völkerwanderung wird dem Ganzen schon gerecht, wenn man das Pech hat, einen der Zuge nach Außerhalb Tokyos nehmen zu müssen. Schlauerweise nahm ich also die erste sich lohnende Verbindung gegen 8.00 Uhr, die mich am Ashikaga Flower Park absetzen sollte. 2:30 Stunden dauerte die Fahrt, was aber dank Sitzplatz nicht schlimm war. Wie immer hatten die Japaner die Expresszüge schon ausgebucht, so dass sich nicht übermäßig viele um die Schleichkutsche kümmerte, mit der ich fuhr.

Ansonsten, wer es an den hübschen Bildern oben noch nicht gemerkt hat, ist dieser Eintrag lediglich dazu da, um alle Blumenfreunde vor Neid kochen zu lassen, denn ich war im Paradies gelandet. :D So zumindest die Mutmaßung des kleinen Junge vor mir. Er meinte, im Himmel sehe es bestimmt so aus. Im Gegensatz zur gezähmten Natürlichkeit am Shiofune-Kannon-ji, hatte man es hier mit den Perlen der japanischen Gartenkunst zu tun, die in voller Blüte erwischt und abgelichtet wurde. Das Herz des Parks sind die Glyzinien, die in kunstvoller Kleinarbeit auf Gestelle drapiert werden, damit sie wachsen und wachsen und wachsen - was sie in Natur nie so gekonnt hätten.  


 Ein kleines Exemplar, das muss noch etwas gehätschelt werden.

Die Anlage ist raffiniert angelegt und wartet mit vielen Wasserstellen, Brückchen und Stegen auf und hat - oh Wunder - Sitzmöglichkeiten für Massen in der Planung berücksichtigt. Was ihr hier seht, ist ein Baldachin aus hellrosa Glyzinien. Von Planzenkennern wie mir sofort als Glyzinis Baldachinis pinkis erkannt. Es blühte und gedeihte an allen Ecken und Enden mit verschienen... Blümschen... halt und beeidruckte druch die Arrangements und die Farben. 

 Blick vom Stuhl aus. Ab und an musste man sich in den Schatten flüchten.

Ja, ich war nicht direkt allein da. Da waren noch so ein paar Hanseln. Fielen kaum ins Gewicht.... Wobei die Atmosphere trotzdem angenehm war. Wenn man nicht gerade militante Silberkrieger vor sich hat, (Alle, die vor 1945 geboren wurden, haben Anspruch auf "Silber-Pass" etc. genannte Rabatte) die irgendwie zu glauben scheinen, die ihnen verbliebene Zeit könne umöglich mit warten, anstellen und sonstigem höflichen Benehmen verschwendet werden, sind Japaner ja schon sehr zivil unterwegs. Immerhin handelt es sich hier auch nicht um den Weg = Zug, sondern um das Ziel, und da knipsten alle relativ leise vor sich hin und bemühten sich um stille Geschäftigkeit, so dass man eigentlich nicht genervt war. Man konnte den vielen Knips-Süchtigen auch keinen Vorwurf machen, man war ja selbst ständig mit dem Finger am Abzug.  
 Ich stelle vor: Die Perlen des Parks, Glyzinis Regnensis, oder auch Regenschauer-Glyzinie.  
Hier haben wir dann Glyzinis kugelensis trauberitis, oder auch Kugeltrauben-Glyzinie. Im Übrigen ist der Park hier besonders stolz drauf: Es gibt wohl keine andere Glyzinie dieser besonderen Kugel-Art, die einen Umzug überlebt hat und weiter gewachsen ist.  Die drei großen Glyzinien überspannen insgesamt 1000m2.
Glyzinis Franciskanensum Selfikum. (Diese blöden Selfies - Selbstportraits - sind verdammt schwer zu machen. O_ö) 

Die violetten Arten blühten jedenfalls wunderschön, wobei ich ja immerhin wusste, dass es diese gibt. Was ich nicht wusste, ist, dass es auch weiße Glyzinien gibt und sogar gelbe. Die gelben sind aber anscheinend später dran, denn von denen hat man nichts gesehen. Schade. Aus den weißen Glyzinien haben sie im Park einen 80m langen Tunnel gebaut, so dass man unten drunter hindurch wandeln konnte. Daber ist der Geruch auch ziemlich intensiv. In meiner unendlichen Blumenweisheit behaupte ich einfach mal, dass Flieder dem Geruch vielleicht recht nah kommt.


Glyzinis blankus tunellus

 Lustige Zylinder-Blümchen.

 Glyzinis Quadratis Wandis. 

 Buschis Drummelensis

 Glyzinis Bogensis. Die hochwachsenden Glyzinien waren aber schon am verblühen.
Latrinensis sauberitis, Bacterium Gestankum nixis. Oder wie Dixi-Klos in Ländern aussehen, in denen das mit den Sanitäranlagen einfach mal funktioniert. Selbst am Nachmittag sauber, funktionierend und es stinkt noch nicht einmal. Sogar Wasser zum Händewaschen kommt oben aus dem kleinen Hahn.
 Glyzinis longis schönis

 Lupinien (stand dran)
 Azaleen (kenn ich jetzt!)
 Jaha, jetzt seid ihr neidisch!


 Einige hatten sich auch extra in Schale geworfen.
Und weils so schön ist, zum Abschluss nocheinmal im Großformat.

Freitag, 8. Mai 2015

Die Azaleen des Kaisers und das weiß-pinke Blütenmeer aus Shibazakura, Chichibu

Am 28. April habe ich Yuriko, die auch in Halle war, getroffen und wir sind zum Kaiserpalast spaziert, um schon mal zu schauen, wie weit die Azaleen so sind.  Spannenderweise war ich fast zur selben Zeit da, wie 2013, wie man sich hier *klick* überzeugen kann. Dieses Jahr waren wir aber eindeutig etwas zu spät, die bunte Pracht war bereits ziemlich zurück gegangen.





Am 29. April ist in Japan der Showa-no-hi, Showa-Tag. Bis 1988 wurde an diesem Tag der Geburtstag des Shōwa-Kaisers Hirohito gefeiert (also der Kaiser vor dem jetzigen) und durch einen anderen Feiertag, den "Grünen Tag", ersetzt. Nach etwas Gemauschel hin und her wurde der "Grüne Tag" dann aber auf den 4. Mai verlegt und so ist der 29. April ab 2007 zum Gedenktag des Showa-Kaisers umgewidmet worden. Der Hintergrund ist die vielgeliebte (oder gefürchtete) "Goldene Woche", die mehrere Feiertage umspannt (-en soll) und es vielen Japaner ermöglicht, eine ganze Woche zusammenhängend frei zunehmen, auch wenn man manchmal Urlaubstage dazuschustern muss, wie in diesem Jahr. 

Da unser Institut unseren Arbeitseifer erheblich bremst, indem leider sowohl deutsche als auch japanische Feiertage gelten (große Krokodilstränen), machten wir Doktoranden uns nach Chichibu auf, weil es dort Blümchen gibt und weil es ein schöner Tag war und überhaupt. Wie das Foto oben zeigt, ist man an diesen Tagen vor den Horden nicht sicher. Der Kampf um die Sitzplätze im Zug ist legendär - Wer will schon 2x50 Minuten im Zug stehen? Wir stiegen in Shinjuku in den Schneckenexpress ein und hatten Glück - die Leute aus allen anderen Stationen danach brauchten gute Stehkondition.  

Ich war ja der festen Meinung, schon einmal in Chichibu gewesen zu sein, denn ich hatte schon mal ein Shibazakura-Feld (Wiesen-Kirschblüten) gesehen. Der geneigte Leser erinnert sich oder kann hier nachsehen: *klick*

Es gibt aber wohl zwei Felder - eins am Berg Fuji und eins in Chichibu. Dieser Berg hier ist jedenfalls auch malerisch im Hintergrund, aber eben nicht der Fuji. Die Jahreszeiten waren auch verschieden - beim letzten Mal war im am 22. Mai unterwegs, da war die Shibazakura auch schon stark dezimiert. Dieses Jahr war es noch April, fast einen ganzen Monat vorher, und die Blümchen waren zwar gerade in voller Pracht, machten aber schon Anstalten, an der einen oder anderen Ecke etwas zu schwächeln.

 Das Areal in Chichibu ist näher an Tokyo und daher mehr überlaufen und auch kleiner. Wir ließen uns aber nicht beirren und mampften unser mitgebrachtes / an zahlreichen Ständen gekauftes Essen beim Picknick im Schatten der Bäume, bevor wir uns zwischen die Kameras warfen. Die Menschenmassen sind ja meistens nicht das Problem - nur, dass bevorzugt über den Weg fotografiert wird. Sprich, Mädel steht vorm Feld, Männl steht auf der anderen Wegseite um aus einem kleinen Abstand fotografieren zu können und der Rest steht dumm da und wartet, bis man wieder weiter gehen kann.

Allzu lange brauchte man jedenfalls nicht für das Blümchenfeld, aber das war auch nicht so problematisch, denn wir mussten uns an diese Hitze und Sonne erst wieder gewöhnen und waren auch nach 3 Stunden (1 Stunde Essenssuche, 1 Stunde Picknick, 1 Stunde Gucken) ziemlich Frischluft vergiftet. 

Ein bisschen Kitsch geht immer. ;)