Dienstag, 3. Januar 2012

End of 2011: Weihnachten und Silvester

Am 22. Dezember, Donnerstag, war ENDLICH der (fast) letzte Uni-Tag gekommen. "Fast" weil die Keio fieserweise Unterricht bis zum 28. Dezember verordnet hatte, was nur dadurch abgemildert wurde, dass der 24. und 25. ja sowieso Wochenende waren (und ich montags keinen Unterricht habe). Deswegen durfte ich dann am Dienstag (27.12.) nochmal antreten, aber naja...
Jedenfalls war der 22. der große Tag des letzten Forschungkolloqiums. Also saßen wir wieder 6 Stündchen da und stellten brav unsere gesammelten Ergebnisse vor. Soll noch einer sagen, ich würd' hier nix machen. >.<

Danach ging es ins Watami, ein Izakaya, zu meiner ersten bonenkai des Jahres. Bonenkai = Jahres-End-Party. Die Lehrer gaben aus und wir haben uns ordentlich vollgestopft. Das war ja schon mal ein guter Weihnachtsauftakt. :)

Am nächsten Tag wurde es noch besser, denn Nancy und ich gingen (leider ohne Jacqueline) zu Yurie, um dort den Mikrowellen-Backofen anzuheizen und Kekse zu produzieren. Tja...dass es einen Backofen gab, war ja schon mal Gold wert, aber bei einer Backfläche von 34x40 cm und nur einem Blech... wir waren beschäftigt.^^ Aber die Mühen wurden belohnt: Jeder hatte am Ende einen Sack voll Kekse und ein lecker Abendbrot von Yuries Eltern gab es obendrein. Das war Futtertag #2.
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Abendessen auf Japanisch: Sushi, Eierrolle, Curry, Reis, Hühnchenspieße, Schinken und Brot, Lachs-Salat, und und und. Deswegen gucken Japaner IMMER komisch ,wenn man sagt, bei uns gibts nur Schnitten mit Drauftue. ^^° Rechts: Foto mit Yurie und ihrer Mutter.

Zu Weihnachten war dann alles ruhig bis abends, in Japan feiert man schließlich nicht bzw. wenn, dann geht man mit Freund/in am 25. weg. Aber wir haben eine nette kleine Wohnheimparty veranstaltet, mit viel zu Essen und zu trinken und mit "Das letzte Einhorn" als Weihnachtsfilm. Wunderbar, vollstopfen #3. Nachts war dann jeder mit Skypen beschäftigt, damit die liebe Family nicht ohne einen Weihnachten verbringen muss ^.~ und die nächsten zwei Tage waren dem Verdauen vorenthalten. Dem Weihnachtsmästen entkommt man hier jedenfalls auch nicht.

Am 27. musste ich, wie gesagt, in die Uni. Nancy und ich haben den Rest des Tages mit ausgiebigen Karaoke verbracht. Am 28. war ich zum ersten Mal Jacqueline in Ojima besuchen. *-* Wir haben den neuen Genji Monogatari-Film im Kino gesehen (Kritik: schöne Kostüme, sonst Käse. Schamanen sind aber klasse.) Es war ein herrlicher entspannter Tag und ich bin erst gegen 2 Uhr zu Hause gewesen. O_ö Der Grund dafür ist der berühmte letzte Zug. Der kommt nämlich eigentlich viel früher in Hiyoshi an, aber wenn es in Japan Zugverspätungen gibt, dann liegen die Gründe in a) Selbstmord, b) Naturgewalt und c) letzter Zug. Das bedeutet, dass die jeweils letzten Züge einer Strecke immer besonders lange auf alle anderen Anschlüsse warten, damit die Leute auch noch umsteigen können, weswegen der letzte Zug fast immer unpünktlich ist. Hinzu kommen natürlich noch die alltäglichen Notfälle. Ich beneide die Bahnhofsangestellten jedenfalls nicht. So langsam hab' ich das Gefühl, dass die mehr Sanitäter spielen als Schaffner. Ein häufiger Verspätungsgrund der letzten Züge ist nämlich auch die überdurchschnittlich hohe Anzahl von falsch gedrückten Alarmknöpfen, aus den Zügen fallenden Besoffenen und zusammengeklappten Salarymännern, die im Izakaya doch zu viel gebechert hatten. Immerhin: Man hat wirklich keine Randale. Was aber vielleicht gar nicht so gut ist: Man sieht des Öfteren einfach zusammengesunkene Gestalten am Straßenrand oder sonstwo liegen - am Ende sind die tot und keiner merkt's bis zum Morgen. ö_ö

Der Trend des Spät-nach-Hause-Kommens sollte sich jedenfalls fortsetzten, denn am 29. Dezember stand eine Party für Shu an, eine Freundin, die gerade kurzzeitig in Japan ist. Dazu gab es von den Gasshuku-Leuten das ganze Programm: Mittagessen beim Italiener, 3 Stunden Karaoke, 3 Stunden Izakaya und danach natürlich noch das zweite Izakaya.

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*-* und Quatschtüte Ryuichi + der Rest der Bande.

(Izakaya funktionieren ja nach Stunden: Egal, ob man All-you-can-drink hat oder nicht, generell darf man nur 2-3 Stunden bleiben. Danach wird man rausgeschmissen, weswegen es meistens noch die Party nach der Party gibt - sprich: Umzug ins nächste Izakaya.) Heiser, vollgestopft und abgefüllt kann man dann mit dem letzten Zug nach Hause tüteln, zusammen mit dem Rest von Tokyo. Wenn man so spät unterwegs ist, trifft man wirklich nur Schlängellinie gehende Japaner auf der Straße.

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Noch mehr Quatschnasen. Und komisches Izakaya.Esen: See-Trauben、Grüner Kaviar, wie auch immer.

Am 30. hab' ich dann Anna zum letzten Mal gesehen, die heute dann zurück nach DE geflogen ist. Ich muss schon sagen, die Wirkung von 4 (wie auch immer-) blonden Mädchen im Izakaya ist nicht zu verachten. Hoffentlich hat sich keiner den Hals verrenkt beim Versuch, (un)auffällig zu uns rüberzugucken. Die All-Night-Clubgesellschaft habe ich dann aber doch zu später Stunde noch verlassen, Ferien sind anstrengender als gedacht. ;)

Am 31. wurde es wieder gemütlich, wenn nicht weniger fröhlich: Jacqueline, Kata und ich sind zu Shu und Michael nach Gotanda, um Silvester zu feiern. Nancy liegt leider seit Tagen krank im Bett und konnte daher nicht mitkommen. Wir haben uns Nabe gegönnt (heiße dünne Soße in einem Topf direkt auf dem Tisch, in die abwechselnd alles Mögliche reingeschmissen wird, um es zu kochen bzw. zu erwärmen) und eine Reihe anderer Leckereien.

Der Koch des Tages: Michael

Dann haben Jacqueline und ich schrecklich beim Taiko-Spiel verloren (man versuche auf der Playstation im Rhythmus Trommelschläge hinzukriegen) und dann war auch schon 12 Uhr. Mit den ausnahmsweise länger fahrenden Zügen sind wir dann nach Hause, denn am 1. musste ich um 11 Uhr schon in den Startlöchern stehen fürs Hatsumode.
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Silvesterrunde (Jacqueline, *-*, Aki, Michael, Shu) und Nabe

Hatsumode ist der erste Schreinbesuch im Jahr. Viele gehen ja direkt in der Nacht noch zum Schrein, vor allem die großen erfreuen sich so großer Beliebtheit, dass ganze Bahnhöfe dafür umstrukturiert werden. Am Meiji-Jingu jedenfalls wird jedes Jahr nur zu Neujahr ein ungenutztes Gleis befahren und der Bahnhofsausgang von Harajuku auf die andere Seite verlegt, um die Massen irgendwie durch diesen Bahnhof schleusen zu können. 2006 sollen 3.060.000 Leute dort in 3 Tagen vorbeigeschlichen sein, damit ist Meiji-Jingu der beliebteste Schrein in ganz Japan. Aber die Warterei wollte ich mir dieses Jahr nicht geben, v.a. weil Yurie und ihre Eltern angeboten hatten, zusammen in Hiyoshi die sieben Glücksgötter zu besuchen.

Die sieben Glücksgötter (<- Link zu Wikipedia) werden zwar weniger in Schreinen, sondern Tempeln verehrt (oder beidem), aber das scheint wie immer egal zu sein. Wichtig ist, dass sie Glück bringen, damit ist alles in bester Ordnung.

Der Sage nach laufen die sieben Glücksgötter am Neujahrstag auf ihrem „Schatzschiff“ in den Hafen ein. Dieses Schiff trägt sieben immaterielle Schätze: Klugheit, Wissen, Erfahrung, Gelehrsamkeit, Tapferkeit, Wohlstand und langes Leben und Glück und Zufriedenheit. Aber auch fünf materielle Schätze: Den unerschöpflichen Geldbeutel, den unsichtbar-machenden Hut, den Glücksmantel, den hölzernen Hammer des Reichtums und die geisterjagende Ratte.
rechts: Daikokuten-Schrein

Besonders das mit der Ratte ist doch cool, oder? :) Nun, Hauptsache Glück jedenfalls, also sind wir mit dem Auto die sieben Schreine der Reihe nach durch, wobei sich auch nicht allzu streng an die Regeln gehalten wurde. (Hände Waschen zur Reinigung im Winter? Das ist doch kalt!) Wir bekamen eine Tafel mit den Namen der Götter und an jeder Station bekam man einen entsprechenden Stempel drauf gedrückt. Glück für 200 Yen pro Stempel. Außerdem scheint das Wissen um die Götter auch nicht allzu fest verankert zu sein: An einer Station musste man selbst Stempeln und schon lästerte am nächsten Tempel alles über einen unglücklichen Tropf, der es geschafft hat, den Stempel auf den falschen Gott zu drücken. Aber wir hatten jedenfalls unser Glück zusammen und mussten dann noch zum Lokal-Schrein der Familie, damit der Gebiets-Segen auch noch eingeholt werden konnte und der verstorbene Opa wurde auch nicht vergessen, der hat auch ein Händeklatschen und ein Gebet an seinem Grab bekommen.


Yurie meinte, dass die Zahl der Leute, die an den kleinen Tempel und Schreinen zum Beten kommen, jedes Jahr ein bisschen steigt. Anscheinend ist es wieder Trend zum Hatsumode zu gehen, so wie in der Meiji-Zeit, als der Brauch so richtig began. Obwohl Hatsumode wohl Ursprünge im Onmyodo und Shinto hat, ist das Ganze laut Ishikawa-sensei nichts anderes als eine PR-Strategie der Bahngesellschaften gewesen, die damals um 1900 den Schreinbesuch zum Jahresanfang mit einer Kampagne zum Bahnfahren wohl irgendwie wieder ins Gespräch gebracht haben sollen.

Aber einige Japaner haben auch anderes zu tun als am Schrein zu warten, schließlich gibt es jedes Jahr noch was viel Bessres: Fukubukuro, oder auch "happy bags". Das sind quasi Wundertüten der gehobenen Preisklasse, die man nur die ersten drei Tage im Jahr bekommt. Im Fernsehen haben sie gezeigt, wie die Leute nachts vor den großen Kaufhäusern wie Yodobashi Camera anstanden. Die Bilder waren den Massen vorm Schrein nicht unähnlich. Die Happy Bags sind natürlich je nach Geschäft unterschiedlich, aber bei Yodobashi Camera funktioniert das z.B. so, dass man einen Fotoapparat-Happy Bag für 10.000 Yen (knapp 100 €) kaufen kann. Man weiß, es ist ein Fotoapparat drin, aber nicht, welches Modell und welche Farbe. Da es aber keine Modelle unter 100 € geben dürfte, hat man auf jeden Fall gewonnen, wenn man nicht so wählerisch ist. Dasselbe gibt es in verschiedenen Preisklassen auch in den Klamottengeschäften: Teurer Preis, aber für 100 € oder auch 200 € kann man 5-8 Kleidungsstücke bekommen. Wenn auch nur eins richtig gefällt und passt, hat man den Kaufpreis generell wieder drin. Natürlich musste ich auch zuschlagen. ö_ö Für 50 €. Und genauso war's dann auch: Ein Kleidungsstück gefällt mir richtig und der Accessoire-Kram eignet sich gut als Geschenk. :)

Damit sind die Neujahrsferien auch schon vorbei. Ich hab zwar noch frei aber ab heute muss dann doch wieder ordentlich gearbeitet werden. :(