Dienstag, 30. Juli 2013

Es is vobei-ei-ei Julimond!


Mit dem Titel meine ich das Semester, die Prüfungen und - Schreck! - auch den Juli. Ups. Wo ist die Zeit nun schon wieder hin? Hier also der Versuch, vom Juli wenigstens auch im Juli zu berichten. (Ja Mutti, ich lebe noch.)

Der startete schon mal ganz ordentlich mit einem Konzert 4. Juli 2013 (Do)- ich fand ich mich nach etlichen Irrungen und Wirrungen (fein dem Schild folgend, Endstation: mitten in'nem Wohngebiet, komplett in die falsche Richtung -.-) an der Yokoma Arena ein, wo Nancy schon ganz hibbelig wartete. Es war das Live zum 40. Geburtstag des Sängers Gackt, der gebührend mit Katzenohren gefeiert wurde. Warum auch immer.

Ein Gratulations-Aufsteller. Üblicherweise werden die vom Recordlabel und befreundeten Musikern geschenkt, dieses hier ist von einer Person, die Noda heißt und der politischen Partei Jiyuminshuto gehört, wie deutlich zu lesen ist. Wahlkampf?

Den Fanartikel-Kram habe ich mir aber wie immer gespart - die Katzenohrenbilder von mir könnt ihr also vergessen! Die Yokohama-Arena fasst 19.000 Leute, womit unsere Sitzplätze trotz obersten Rang gut waren. (Ihr merkt, der Schock vom Seibu-Dome mit seinen 44.000 Plätzen, in dem ich in der letzten Reihe schmachten durfte, hatte seinen positiven psychologischen Effekt.) Was besonders lustig war: Nun wird der Gute Gackt zwar 40, sieht aber mal wieder (ob nun "echt" oder "nachgeholfen") bei weitem nicht wie 40 aus. Die treusten Fangirls allerdings schon - die Fanriege der ca. 40-jährigen Ladys hinter uns, die Gebrüllt und Gejubelt haben, was das Zeug hält, war jedenfalls göttlich. :D


(Wer einen Eindruck vom Konzert und Katzenohren haben will - bitte schön. Gackt ist ein Künstler der Größenordnung, dass das Konzert natürlich in den Fernsehnachrichten auftaucht.)

Jedenfalls bekamen wir ein fast 4 Stunden langes Live, das dafür zur Hälfte natürlich aus allgemeiner Beweihräucherung des Künstlers bestand, aber das haben wir dann auch noch ertragen. :) Für unsere Idee, die Zügen den allerletzten Konzert-Minuten vorzuziehen, konnten wir uns beglückwünschen, auch wenn es natürlich trotzdem im Origiami-Modus nach Hause ging. 

Die Nacht war kurz - 5:00 Uhr war Aufstehen angesagt. Eigentlich hatte ich ja nie vor, den berühmten Tsukiji-Fischmarkt zu besuchen, weil man da logischerweise v.a. Fisch isst - um 7:00 Uhr morgens. Iieks. Aber da der Markt demnächst abgerissen und verlegt werden soll, hab' ich mich von Jasmin aus meinem Wohnheim überreden lassen. Dementsprechend musste ich erstens früh aufstehen und zweitens meinem Hirn äußerst suggestiv suggerieren, dass der Fisch, den man um 7:00 Uhr ist, trotzdem als Mittagessen zählt, wenn man bereits 5:30 Uhr sein Frühstück gefuttert hat. Überzeugende Logik eigentlich... das musste mein Magen nur begreifen, sonst wäre das frühe Aufstehen für die Katz gewesen. 

Kein Wunder, dass man über die japanische Polizei gerne lacht - zumindest die "keine Sandalen"-Regel betraf uns zwar fast alle, aber der freundliche Polizist daneben drückte uns trotzdem nur einen englischen Lageplan des Tsukiji in die Hand. ;) 
 
Der Tsukiji ist dann aber doch sehenswert gewesen - v.a., weil es doch irgendwie noch ein sehr authentisches Plätzchen ist. Natürlich ist er von Touristen überlaufen - die allerdings zwischen ärgerlich grummelnden Händlern und Gabelstapler-Fahrern umher wuseln und darauf achten müssen, dass ihre Zehen nicht von selbigen überfahren werden. Im Prinzip haben alle, die auf dem Tsukiji beschäftigt sind, den "Scheiß-Touristn"-Blick gehabt, den ich sonst in Japan eigentlich noch nie gesehen habe. Vielleicht liegt das daran, dass der Ort wirklich nicht für junge Leute ist. Auch die angrenzenden Essensstände mit Fisch und Seegetier werden von den Alten für die Alten betrieben, die Jungen gehen heutzutage wohl doch eher ins Café.



Wir, geführt von japanischen Freunden, schlängelten uns jedenfalls durch zu dem Restaurant, dass angeblich am besten ist, und vor dem daher auch eine beträchtliche Schlange anstand. Das englischsprachige Menü im Ladenbereich lässt mich die Theorie aufstellen, dass die Beliebtheit möglicherweise auch sprachliche Gründe haben könnte. Jedenfalls haben wir unsere Gourmet-Freunde davon überzeugen können, dass es nun wirklich keinen Grund gibt, vor dem vollsten Restaurant zu warten, während drumherum zig andere auf Kundschaft warten. Die Läden waren auch alle sehr urisch - eben japanischer Downtown-Flair. Jeder Laden hatte so 5-10 Sitzplätze und servierte die Reisschüsseln mit Fisch, oder Aal-Spezialitäten bzw. Meeresfrüchten. 



  Mein Mittagessen(!) also: 


Lachs, auf Ei, auf Reis. Garniert mit Nori, getrockneten Seealgen. Konnte sich als Mittagessen(!) durchaus sehen lassen. :)

Den Abschluss des Ausfluges bildete dann noch ein Abstecher zum Tsukiji Honganji-Tempel, der so aussieht:



Eindeutig ein Buddhistischer Tempel. ;) Wikipedia weiß Folgendes zu berichten:

"Sein Vorläufer war der Edo-Asakusa Gobō (江戸浅草御坊), der bei Yokoyama-chō in Asakusa, Edo (das alte Tokio) vom 12. Monshu (Erzabt) der Jōdo-Shinshū, Junnyo Shōnin (errichtet wurde. 1657 wurde er durch ein großes Feuer vernichtet. Pläne zum Wiederaufbau an derselben Stelle wurden zunächst vom Bakufu (der Feudalregierung) abgelehnt. Stattdessen wurde der Tempelverwaltung ein Stück Land bei Hatchōbori (damaliger Teil von Chūō-ku) zugesprochen, das jedoch noch unterhalb des Meeresspiegels stand und daher erst eine Landgewinnung erforderte. Daraus entstand das heutige Tsukiji, was wörtlich „gemachtes Land“ bedeutet. Der neue Tempel auf diesem Land wurde Tsukiji Gobō (築地御坊) genannt. Er wurde durch das Große Kantō-Erdbeben von 1923 zerstört.
Der neue und gegenwärtig bestehende Tempel wurde von Chūta Itō (1867-1954, Professor für Architektur an der Universität Tokio) in einem archaischen indischen Baustil entworfen. Die Baumaßnahmen dauerten von 1931 bis 1934."

Innen sieht es aber so aus:


Die japanische Tempelstruktur ist im Altarbereich erhalten geblieben. Über der Eingangstür befindet sich jedoch:
 ...
Warum auch immer - eine Orgel.  Und in einer Ecke befindet sich ein Gedenk-Tisch für den bereits 1998 verstorbenen Gitarristen hide (Band X Japan), der seinerzeit wohl einer der bekanntesten Musikstars in Japan war. Seine Begräbnisfeier wurde im Tsukiji-Honganji abgehalten und es finden sich immer noch Fans, die fleißig dort ihre Geschenke ablegen. (Hab' auch alle CDs! ;)   

Freitag, 26. Juli 2013

Nachtrag: Ende Juni

"Es is vobei-ei-ei Julimond!" - sprich: Die Prüfungswoche ist eeeeeendlich vorbei! Aus. Ende. Yaaaay! Sommer, ich komme! Und nach einer Woche Intensiv-Ferien gibt es dann auch endlich den nächsten Eintrag. 

Stehen geblieben waren wir Mitte Juni. Viel ist dann auch nicht mehr passiert.  Am 22. Juni war ich mit Ren (aus meinem MA-Studiengang) und Minami (Keio) auf einem Symposium der Rikkyo-Universität. Es ging um Mittelalterforschung in Japan und Deutschland. Die Rikkyo-Universität wurde 1874 gegründet und zählt somit zu den ältesten Universitäten in Japan. Außerdem gehört die Rikkyō-Universität zu den "Sechs Universitäten" von Tokio, welche sich in jährlich untereinander ausgetragenen Baseball- und Rugby-Turnieren messen, was zusätzlich noch für das Prestige der Uni sorgt. (Die Keio gehört auch dazu, verliert aber zumindest im Baseball grundsätzlich immer.:P)
Jedenfalls kann sich die Rikkyo sehen lassen: Der Eingangsbereich besteht aus Ziegelsteingebäuden, die über und über mit Efeu überwuchert sind. Dahinter ist ein Häuser-Carreé erhalten geblieben und der Innenhof ist eine Wiese mit vielen hübschen Blumenbeeten und Bänken zum sitzen. Ist alles sehr schön. Auch der Konferenzsaal konnte sich blicken lassen, auch wenn die Aufstellung der Sitze (bzw. die dazugehörige Grundhaltung) mal wieder typisch japanisch war. 

Wir saßen in einem Raum, in dessen vorderen Teil die Tische hufeisenförmig angeordnet waren. Das waren die Plätze für die Veranstalter und Render. Davor waren Bankreihen wie in der Schule - für das (unbeteiligte) Publikum. In diesem Sinne fühlte sich das Publikum bis auf die erste Reihe und ein paar interessiere ältere Professoren nicht direkt aufgefordert, an der Diskussion teilzunehmen. Etliche zogen es auch vor, in der Pause lieber Buch zu lesen als sich mit anderen Teilnehmern bekannt zu machen. Das verstehe, wer will. Ansonsten waren die Redner diesmal sehr gut und die Vorträge interessant. Das Grundproblem wissenschaftlicher Konferenzen war jedoch wie immer offensichtlich. Aus der Veranstaltungsankündigung war nicht ersichtlich, in welcher Sprache das Ganze stattfinden sollte. Man hatte sich darauf geeinigt, dass die Render in ihrer eigenen Sprache reden sollten - was sicherlich der Qualität der Vorträge zuträglich war. Allerdings gab es keinen Dolmetscher, sondern die Vorträge waren auf den Handouts übersetzt - diejenigen also, die jeweils Japanisch oder Deutsch nicht verstanden, mussten den Vortrag "mitlesen". Die Herausforderungen der Fragerunde wurde dann von den Deutschprofessoren/lehrern der Rikkyo bestritten. Für mich war das alles kein Problem, vielmehr bot sich mir eine gute Gelegenheit zu beobachten, was sich am Ende alles "lost in translation" wiederfindet - das ad hoc Dolmetschen von dafür nicht ausgebildeten Leuten  war zwar nicht schlecht, bewirkte aber eine ganze Reihe eindeutiger interkultureller Verständnisprobleme, die bei Entsprechender Ausbildung sicherlich hätten vermieden werden können.

Am 29. Juni (Samstag) war dann ein langer Tag für mich - mein Schwimmzirkel hatte Wettkampf im Yokohama International Pool. Es war eine Veranstaltung nur für Schwimmklubs der Medizinischen  und Pharmazeutischen Fakultäten, woran man mal wieder erkennt, wie viele Klubs diese Unis eigentlich haben. Von uns - der Keio - waren zwei am Start, die Medizinische Fakultät und die Pharmazeutische, zu der unser Zirkel gehörte. Jasmin, die tatsächlich wagemutig am Wettkampf teilnahm, und ich standen denn auch pünktlich 8.30 Uhr auf der Matte, nur um zu erfahren, dass die Ersten von uns irgendwann gegen 11:00 Uhr dran sein würden. -.- Und den Erden haben wir dann auch noch irgendwie verpasst, so dass wir erst gegen 13:00 Uhr wirklich mitjubeln konnten. Nun ja. Dafür konnten wir in aller Ruhe die Jubel-Routine beobachten. Nach den obligatorischen Eröffnungsreden, die dankbar kurz ausfielen, und der Rückgabe des Pokals vom letzten Mal, sammelten sich die Clubs auf den Tribünen fein nach Trikotfarben und machten erstmal ihre rituellen Anfeuerungsrituale, die in einen Dauerlärmpegel von vielen Dezibel übergingen.

Ich im Zuschauermodus - Izakaya am 30.6. mit Nancy und Minami

Die allgemeine Atmosphäre war dann auch den ganzen Tag sehr gut und alle Teilnehmer wurden fleißig bejubelt. Die ersten Durchgänge pro Disziplin waren sehr durchwachsen, d.h. es waren eindeutig viele Anfänger dabei, so dass man die Unterschiede in den Leistungen klar verdeutlicht bekam. Bei den Staffeln taten einem die, die am Ende etliche Bahnen zurücklagen, wirklich leid.^^ Am sichtbarsten war der Unterschied v.a. dann, wenn der letzte Durchgang pro Disziplin dran war. Die wurden mit Namen vorgestellt und waren auch immer sehr schnell durch. ;) Das sind dann wohl die zukünftigen Athleten gewesen. Unser Zirkel war mit einmal Training in der Woche nicht konkurrenzfähig, aber der andere-Keio-Klub kam am Ende sicher aufs Podest, die hatten ziemlich viele Siege. 

Am nächsten Tag dann feierten Nancy und ich das zweijährige Bestehen der Wagahai-Gruppe, die aus Japanern und internationalen Studis besteht und in der viele Freunde von der Keio und vom Deutsch-Gasshuku dabei sind. Und damit war der Juni auch schon vorbei.