Sonntag, 26. April 2015

Azaleen im Salzboot - Der Shio-fune-Kannon-ji

Am 26. April ging es zum Shio-fune-Kannon-ji, dem Saltzboot-Kannon-Tempel.  Dieser Tempel ist stolzer Herr über 20.000 Azaleen-Büsche, die etwas entlegen in Ome ihre Farbenpracht entfaltet hatten. Praktischerweise wohne ich schon an der richtigen Bahnlinie, ich musste nur noch eine gute Stunde damit raus aus Tokyo fahren und dann den richtigen Weg zum Tempel finden. Naja, der Weg war in dem Fall zwar nicht das Ziel, aber ich rechne es mir einfach mal als Pilgerfahrt an. (Ich hätte natürlich auch an der richtigen Haltestelle, Kabe, aussteigen können, da wäre der Schild einfach ausgeschildert gewesen. Aber das ist was für Anfänger!) 

 Kaum waren aus der einen angepeilten Stunde zwei geworden, grüßte mich dieser Anblick:


 Die Zedern rechts und links des Weges sind 5.7 bzw. 6.6. Meter dick im Umfang und sind dank ihres geraden Wuchses die Bäume, die direkt zu den Göttern wachsen. Als solche werden sie oft an den Eingängen von Tempeln geplanzt.
Der Tempel hier ist 1300 Jahre alt und gehört zum Chizan-Zweig der Shingon-Schule. Als solcher ist er ein Ort des esoterisch orientierten Buddhismus und bietete eine Städte für viele Bergasketen, die sich zur Meditation in die Wälder zurpckzogen. Wenn ich von Tempel spreche, ist wie so oft ein Areal gemeint, das mehrere Tempel-Bauten umfasst, die zusammengefasst den Salzschiff-Kannon-Tempel bilden. Angeblich wurde dieser Tempel also in der Ära Taika (645-650) von Yaobikuni gegründet, einer berühmten Sagengestalt.
 Die Legende besagt, dass ein Fischer einst einen Fisch mit Gesicht fand und diesen seinen Gästen anbot, die diese Gabe jedoch dankend ablehnten. Ein Gast betrank sich jedoch mächtig und nahm ein Stück Fleisch des  Fisches mit nach Hause, wo seine Tochter ihn aß. Seitdem hörte diese auf zu altern und wurde später als Yaobikuni (800-Nonne) bekannt, da sie erst im Alter von 800 Jahren gestorben sein soll. Was sie in diesem langen Leben alles angestellt hat, ist wieder Stoff für viele andere Sagen. Hier also hat sie einen Tempel gegründet. Ob sie da auch schon Azaleen gepflanzt hatte, ist leider nicht überliefert. 

Benannt hat sie den Ort jedenfalls nicht. Der Buddhistische Mönch Gyoki (669-749) soll eines schönen Tages an dem Tempel halt gemacht haben und die Gestalt der umliegenden Hügel mit der Form des Salzschiffes verglichen haben, das Boot, dass die Menschen über die See der Wirrniss zur Erleuchtung führt.

 Wie an den Einzelbildern oben zu erkennen ist, blühten die Büsche in den pächtigsten Farben. Das Gesamtbild sieht trotzdem recht verhalten aus - das hat erstens mit dem gleißenden Sonnenlicht zu tunu nd zweitens, glaube ich, damit, dass hier das Ideal verfolgt wurde, Kultiviertes natürlich aussehen zu lassen. Natürlich sind die Kugel-Büsche alle gehegt und gepflegt und geschnitten und was weiß ich, aber im Gesamtbild sollen sie trotzdem nicht zu aufdringlich sein.
 Buddha Kannon sieht zu, dass alles seine Ordnung hat.

Die Sicht des Buddha auf Samsara - die irdische Welt.

Mitten im Kugel-Busch-Gewirr waren kleine Pfade und Bänke, so dass sich mich mit meinen Pluderhosen und meiner collen Sonnenbrille hinbrezelte, Erdbeeren aß und mein Buch zur Geschichte des Christentums in Japan las - sehr zur Verblüffung der geballten Rentnerschaft, aus der die Besucher zum Großteil bestand.

Der Tempel selbst ist natürlich keine 1300 Jahre alt, sonern ein neuerer Nachau. 

Montag, 20. April 2015

Japanisches Preis-Leistungs-Verhältnis oder wie ich versuchte, eine schöne Tasche zu kaufen

Nun ist es schon Mai und wir haben Sommer- Sonne - Sonnenschein. Da kann man sich nur verwundert die Äuglein reiben und sich fragen, ob die Verkaltung schon zu schlimm ist, oder ob man tatsächlich keine zwei Wochen vorher noch mit Annorak aus dem Haus geschlichen war. Nach der kurzen Sakura-Blüte wurde nämlich der Rest der Pracht von einer Mischung aus Dauerregen und Wintertemperaturen nidergemäht und wir zitterten uns wärmeren Temperaturen entgegen. 

Ich hatte v.a. ein Problem - eine Stofftasche. Die macht sich bei Dauerbewässerung denkbar schlecht, denn die Bücher sollten ja keine Wurzeln schlagen. Es musste also eine Tasche her. Aber nicht irgendeine - eine Schöne! Das konnte doch nicht so schwer sein, schließlich kann man in Tokyo alles kaufen, richtig? Jaein. Sagen wir so: Hätte ich im Lotto gewonnen, wären da schon ein paar schöne Taschen gewesen. Im Isetan, Shibuyas Luxuskaufhaus, gibt es z.B. eine Taschenabteilung, da fangen die Preise bei ca. 500 Euro an. Für echtes Leder schaut man dann in der 1000 Euro+ Abteilung. O_ö  Und schon war ich wieder draußen.

Mein Erkenntnisgewinn in dieser speziellen Kategorie kultureller Unterschiede lässt sich im Prinzip wie folgt zusammenfassen:
  • Japanerinnen brauchen keine wasserdichten Taschen. Praktizität wird vollkommen überbewertet. Japanerinnen werden auch nicht beregnet. (Außer im Film, wo Superman hilfbereit mit Schirm angerannt kommt. Da weiß er bloß nicht, dass Damsel ihren klitzekleinen Faltschirm vorher schnell im sauteuren Handtäschchen versteckt hat.)
  • In Japan haben Marken das Sagen: Luis Viton, MCM, Chanel, le Sportsac etc. pp. haben alle japanischen Herzen und Geldbörsen fest in ihrem Griff.  Im Second-Hand-Laden kosten die immer noch 500 Euro aufwärts. Und die sind hässlich! Die Farbauswahl bewegt sich zwischen schwarz, beige und kackbraun, sowie der Modefarbe der Saison - aggressives Organge oder Pink-Orange - ist also entweder total langweilig oder ein Fall für Augenkrebs. 
  • Fast alles, was in der sog. mittleren Preisklasse zu finden ist, ist ein billiger Abklatsch oben genannter Modelle. Es gibt also ca. drei Taschenmodelle dieses Jahr, und alles andere g.i.b.t. e.s. n.i.c.h.t. Aber das stört auch wenig, denn wenn Japaner etwas hassen, dann ist es Mittelmaß. Es war praktisch unmöglich etwas in der ca. 100-150 Euro Kategorie zu finden. Und das, was es gab, bestand unweigerlich aus PVC (Falschleder) oder noch schlimmer, diesem frisierten Plastematerial, das aus irgendwelchen Gründen beliebt zu sein scheint. 
  • Das Billigsegement besteht ebenfalls auch den bekannten Taschenklonen und stinkt dazu fürchterlich nach PVC. Dafür kosten diese Taschen auch nur 25 Euro.
  • Es gibt dann noch diese mehr oder minder hässlichen schwarzen Arbeitswelt-Taschen. Mit denen läuft der Rest herum.    
  • Alles, was meines Erachtens als schön hätte bezeichnet werden können, bestand aus immerhin gut gefälschtem Leder, war nicht beige, schwarz oder orange und außerdem made in Italy. Italienerinnen aber brauchen wohl nur Handtaschen, denn keine hatte die erforderliche Größe. 
  • Echtleder kommt hier fast nur in Form von glattem Kuhleder oder Krokodil vor und hat Preise, die mein Gedächtnis sofort gelöscht hat.
Das Ende meiner Kaufhaus-Odyssee war also, dass ich keine Taschenläden mehr sehen kann, dass ich nie wieder den Geruch von billigem PVC ertragen müssen will, und ein kläglicher Skype-Hilferuf an Mutti: Schick mir eine Tascheeee! Der wurde zum Glück erhört.

Es ist schon komisch in diesem Land - es gibt tausende Läden. Und alle haben sie etwas anderes. Es sind ja tatsächlich Millionen-Taschen-weise nicht dieselben Taschen. (Auch nicht diegleichen.) Aber trotzdem sind sie alle irgendwie so schreklich gleich in der Farbgebung, Machart oder dem Material gewesen, dass es doch etwas erschreckend war. Ein fokussierter Blick auf die Taschen, die ausgeführt werden, bestätigt auch das Bild: Billig und teuer sind im Straßenbild (für mich) kaum zu unterscheiden, weil die meisten Taschen a) in der Machart gleich sind und b) auch dieses teuere Plastezeug am Ende hässliche Stellen hat, wo der Lack abgeht. Die Modefarbe sieht man überall, was die orangefarbenen Taschen zu den Schaut-her-ich-hatte-dieses-Jahr-Geld-für-dieses-Stück Aushängeschild werden lässt, das aufgrund des Stückzahlentechnisch gesehen hohen Aufkommens an ähnlichen Taschen aber alle Besonderheit verliert. Gar nicht zu reden von den Viton-Taschen mit ihrem hässlichen Rautenmuster, dass schon zur Massenware verkommen ist. Und dafür so viel Geld bezahlen?   

Auch das vollkommene Fehlen von dem, was ich ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis im Mittelklassesektor nennen würde, kam zwar nicht überraschend, hat mich in dem Ausmaß aber doch verblüfft. D.h., dass keine Taschen von guter Qualität für mittelmäßig viel Geld zu haben sind, lässt sich ja noch verstehen, aber dass es so viel qualitätsmäßigen Schrott gibt, der trotzdem teuer verkauft wird und einfach jegliches Verhältnis sprengt, ist schon verblüffend. Und dass man für unkonventionelle Accessoires schief angesehen wird, stört ja nicht, was stört, ist die Tatsache, dass man diese nicht einmal kaufen kann. (Versteht mich nicht falsch - es gibt schon viel Schnickschnack. Nur, dass man hier in Deutschland interessant aussieht, kann in Japan halt sofort als zugehörig zu jener Szene oder jener Subkultur erkannt werden.) 

Da gab es dann als Alternative nur die hiesige Ausprägung des Hippietums, das, so hört man, in Shimo-kitazawa beheimatet sein soll. Hippie-Taschen eignen sich aber eben doch eher zum Bücherpflanzen-Züchten. Trotzdem war in dem Stadtteil, das mit kleinen Cafés und Geschäften überseht ist, erfrischende Keime individuellen Schöpfertums.
 
Ein Geschäft, in dem man Verkaufsboxen mieten kann und Leute ihre selbstgeschöpften Kreationen verkaufen - meist Schmuck und Kleinkram.

Aber meine schöne geliehene Tasche erschien wie ein Licht am Horizont - sprich genau zu der Zeit, als sich der Regen entdlich wieder verzogen hatte und plötzlich Sommer über uns hereinbrach. Nicht nur wir wussten kaum, wie uns geschah, auch die Blümchen waren sichtbar verwirrt. Plötzlich grünte und blühte es und man wusste teilweise nicht, ob sie noch nicht dran waren oder doch schon verblüht.
Die nächsten Einträge sind daher den Azaleesen und Gylzinien gewidmet und nein, diesmal müsst ihr keine Woche darauf warten, denn ich sollte die April-Erzählungen langsam beenden.

Noch etwas interessantes zum japanischen Straßenbild: Hierzulande wird man bei politischen Wahlen zwar an jeder Ecke von irgendeinem Poltiker per Megaphon zugebrüllt, dass Straßenbild dürfen sie mit ihren Gesichtern aber nicht verschandeln. Statt der vielen Politiker-Plakete gibt es in Japan nur spezielle aufgestellte Wände, an die jeder sein Konterfei anpappen kann. 

Sonntag, 19. April 2015

Noch mehr Sakura: Naka-Meguro und ein Ausflug zum Murayamakami-Damm

Hierzulande ist Sakura nun schon lange passé, aber damit ihr wettergeplagten Deutschländer euch auch noch mal ein Auge holen könnt, geht es weiter mit den schönsten Frühlingseindrücken aus Japanien. :)

Leider sieht man, dass im Unterschied zu Takadanobaba, die Sakura in Naka-Meguro zum Abend hin schon möchtig gelitten hatten. Die Blütendecke ist leider schon sehr licht gewesen. Trotzdem hatte das Fest ordentlich zulauf - Man konnte sich ja kaum eine Stelle erkämpfen, um menschenfreie Fotos zu machen.
 

Am Abend sah es aber trotzdem malerisch aus. :)

Danach ging es mit Freunden, die aus Österreich angereist waren, ins Warayaki-ya. Das ist ein Lokal, das für seine Küche aus Tosa, ein Teil des historischen Kyushu (Insel ganz im Süden Japans), bekannt ist.
In dem Lokal haben sie dann auch eine etwas besondere Zubereitungsart.

 Wir hatten ja fast befürchtet, dass es um unseren leckeren Fisch geschehen war...
Das Endergebnis konnte sich aber sehen lassen -  und hat wunderbar geschmeckt! Außen gegrillt, innnen noch roh, so muss das anscheinend sein. Wenn die Japaner so weiter ihren Thunfisch überfischen, kann das Lokal dann aber bald dicht machen...

Am 6. April holte das Wetter dann so richtig zum Hochstschlag aus - strahlender Sonnenschein, 20° C und ich hatte mit den anderen Doktorandem vom DIJ eine Fahrradtour geplant. Wir machten uns also auf nach Higashi-Koganai, was westlich von Shinjuku auf meiner Bahnlinie liegt und bereits als ländliche Vorortgegend von Tokyo zählt. Das ist auch der Grund, warum man an fast jeder Ecke Stadt-Fahrräder ausleihen kann, denn es ist das Fortbewegungsmittel erster Wahl.

Unser Ziel sollte der Mrayamakami Staudamm + See sein. Der Weg war denkbar einfach - folgen Sie ca. 15 km dem Spazierweg, wo alle anderen auch spazier-radeln, der zudem fast durchgängig von Sakura bedeckt wird. Herrlich! Aufgrund begrenzter Fotofreiheit gibt es nur wenig Fotoeindrücke:


 Der Higashi-Koganei-Park, durch den man durchfahren muss.

Kilometerweise unter dem Blütenmeer - da kann Neid aufkommen!
Ist das überhaupt Kirsche? Keine Ahnung, sieht jedenfalls auch sehr schön aus. :) 

 Der Stausee. Den Weg drumherum haben wir uns aber geschenkt.

   Und zu guter Letzt: Ein futuristisches Toilettenhäuschen. :D

Mittwoch, 15. April 2015

Sakuraaaaaa am Kandagawa, Takadanobaba

Jahaha, wer glaubt, dass es mit den Kischblütenbildern schon vorbei ist, der irrt! Ich hatte nämlich das Glück, dass die Blüte mit Ostern zusammen fiel und das DIJ an Ostern offiziell keine Arbeitsage hatte. Wir haben zwar Schlüssel, so dass wir jederzeit die Arbeitsräume benutzten dürfen, aber mal Ehrlich: Arbeit - Sakura, Arbeit - Sakura....Sakura! Die Entscheidung fiel jetzt nicht sooo schwer. :) Ich bin auch sehr froh gewesen, dass ich den Tipp bekommen hatte, es doch mal am Kandagawa-Fluss zu versuchen. Man kennt ja die üblichen Plätze - Ueno, Yoyogi, Shinjuku-Gyoen, Meguro... die Reiseführer erzählen alle dasselbe.

Oben seht ihr die einyige Straßenbahn Tokyos. 
 
Es gibt aber - nicht sprichwörtlich sondern tatsächlich - überall Sakura. Das ganze Land ist darauf ausgepflanzt, dass es im April in weißen Blütenstaub gehüllt wird.

Der Kandagawa war eine meiner besten Entscheidungen bisher. Der Kandagawa ist zumindest abschnittsweise ein unscheinbarer Fluß, an demn man lang gehen kann, um z.B. von der JR-Haltestelle Takadanobaba zur Waseda-Universität zu gelangen, wo ich demnächst auch wieder fleißig Bücher ausleihen werde. Den Ort kennen nur die einheimischen Rentner, so dass ich an einem schönen Vormittag fast allein die Blütenpracht bewundern konnte, die bereits die Mitte überschritten hatte. Als in Deutschland wohl gerade fieser Schnee-Regen hagelte, brach über Tokyo also der Sakura-Schnee herein, denn es fegte mächtig am Kanal entlang und damit tonnenweise Blätter von den Bäumen. Malerisch!

 
 
 
 Leider sieht man den Schnee auf den Fotos nicht.
 Wer im übrigen glaubt, dass wilde Wasser habe zu viele Strudel, der irrt - das ist alles Sakura-Schnee im Wasser.



Zwei Stunden später sah der Gehweg dann so aus. Ich hatte die begründete Befürchtung, dass ich am Abend in Naka-Meguro recht wenig angeleuchtete Sakura zu sehen bekommen würde. 

Im übrigens gibt's auch immer noh schöne Kamelien. :) 

Sonntag, 12. April 2015

Shinjuku-Gyoen in voller Pracht


Die Vergänglichkeit der Kirchschblüte hat einen festen Platz im japanischen Gefühl-Repertoir. Es gibt einen eigenen Ausdruck für dieses Gefühl - mono no aware - und es wird jedes Jahr mit einer Vielzahl von Specials zelebriert: Da gibt es eine handvoll neuer "Sakura"-Lieder, die die eh bereits unübersichtliche Liste im Karaoke-Verzeichnis unter "S" noch unübersichtlicher macht, da gibt es den Starbcuks Sakura-Latte und die unzähligen Sakura-Alles-was-ma-sich-vorstellen-kann Getränke, Snacks etc. pp. Trotzdem überrascht die Plötzlichkeit, mit der man von Sakura überfallen und verlassen wird jedes Mal aufs Neue. 

An einem Tag schaut man noch nach der frühen Kirsche, die sich stellenweise aus der Knospe traut, und am nächsten Tag macht es peng! und alle Kirschbäume sind weiß aufgeplustert. Da ist es für Reservierungen und Reisepläne längst zu spät und die Hälfte der Japaner ärgert sich grün, auf das falsche Wochenende für die Kyoto-Reise ausgewählt zu haben und muss darum bangen, ob noch ein paar Reste am Baum kleben werden, wenn sie ankommen.

Auch wir mussten uns schnell für ein schönes Plätzchen entscheiden und so landete ich wieder mal im Shinjuku-Gyoen, der Dank Alkoholverbot und Eintrittobulus immer noch recht viel Grünfläche zu bieten hat im Gegensatz zu manch anderem Ort.   
 


 Ja, ich war auch wirklich da.



 
Es war ein jedenfalls ein strahelnd schönes März-Ende, das genutzt werden wollte. Am 1. April war dann Stichtag für die Arbeit. Ich wohne ja recht nah an meiner Arbeitsstelle, was umgekehrt aber auch heißt, dass die Bahn brechend voll ist, wenn sie bei mir ankommt. Von der ellenlangen Schlange, die am Bahnsteig wartet, schaffen es zur Rush-Hour pro Zug so 5 Glückliche, einzusteigen. Dann muss man wieder warten, wobei es sich nicht um ein "Warten" im eigentlichen Sinne handelt, denn mal ehrlich, wenn der Zug alle 2 Minuten kommt, dann gilt das Wort nicht wirklich. 
Kurioserweise fühlt es sich trotzdem so an, weil einem ständig sugeriert wird, man hätte noch irgendwie schneller sein können - selbst gemachtes Elend! Denn an der Anzeige am Bahnsteig steht immer ganz brav "Zug hat 5 Minuten Verspätung", "Wegen Verzögerung im Betriebsablauf hat der Zug 3 Minuten Verspätung " usw. usw. Das heißt im Enfeffekt bloß, dass an jeder Haltestelle jemand seinen Hintern nicht allein in den Zug gepresst kriegt und das Nachhelfen des Schaffners kostet schließlich kostbare Zeit. Und wenn erst eine Tasche eingeklemmt ist, und die Türen wieder aufgehen und die Hälfte gleich mitrausfällt, weil die, die an der Tür stehen, nichts haben, um sich im Zug zu halten, dann kommt es eben zu Verspätungen, die nur für die bereits im Zug Befindlichen welche sind, weil alle anderen einfach nur eine Reihe von einfahrenden Zügen vor sich hat und damit beschäftigt ist, sich innerhalb eines persönlich gesteckten Zeitfensters in den Zug zu falten, damit man pünktlich auf Arbeit ist. Wie gut, dass ich keine feste Zeit habe, an die ich mich halten muss. :D Will ich jedoch gegen 10 Uhr im Institut sein, muss auch ich volle Züge in Kauf nehmen, aber da kann man dann schon wieder atmen. Die Motivation, früh mit der Arbeit zu beginnen, ist daher irgendwie denkbar gering. ;)

Ich habe einen großen Schreibtisch inkl. Arbeits-PC in einem Vierer-Zimmer, dass momentan auf vollständig bestetzt ist. Insgesamt gibt es 6 Doktoranten, mit denen man Mittagessen gehen kann. Trotzdem herrscht in der Arbeitszeit großes Schweigen, so dass man gut vorankommt. Ich bin also, was meinen Arbeitsfortschritt angeht, guter Dinge. :) 

Das einzige, was noch nicht so hinhaut, ist das Wetter. Das hat uns ziemlich veräppelt, denn momentan herrscht doch wieder eher äußerst frisch-trübes Frühlingswetter.


Sonntag, 5. April 2015

Wohnen in Asagaya & Sakuraaa an der Sophia-Universität

Da ich nun also beschlossen hatte, dass ich meiner Höhle auf nimmer Wiedersehen den Rücken kehren würde, machte ich mich auf die Suche nach einer anderen Möglichkeit - so intensiv, dass Google mir wahrscheinlich noch das nächste halbe Jahr Wohnungs-Werbung schalten wird. -.- Aber zum 1.April, DEM Stichtag überhaupt in Japan, war nicht mehr viel zu holen. Da haben alle Austauschstudenten, Neu-Tokyoter und Aussziehende, die zum allgm. Arbeits- und Unistart in Japan in Tokyo eine Unterkunft brauchten, schon bei den guten Sachen zugeschlagen. 

Trotzdem bin ich letztendlich bei Fontana, einer eher unbekannteren Wohnungsvermittlung, fündig geworden. Der Haken an der Sache ist ja immer dies: Key-Money, Deposit, Rei-kin - in Übersetzung Schlüsselgeld in Höhe einer Monatsmiete, Kaution in Höhe einer Monatsmiete und Dankes-Geld in Höhe einer Monatsmiete, nicht erstattbar, versteht sich. Da kann sich keiner für 9 Monate eine Unterkunft leisten, zumal ohne Möbel. Daher gibt es Vermittlungen wie Sakura-House, Oak.House und eben Fontana, die zu übertriebenen Mietpreisen immerhin grundmöglierte Behasungen zur Verfügung stellen, wofür aber eben alle anderen Gelder wegfallen.

Ich wone jetzt am Bahnhof Asagaya.Das ist auf der Chuo-Linie, 10 Minuten mit den Express von Shinjuku, 15 Minuten bis Yotsuya, wo das Institut ist. Die Lage ist also eigentlich perfekt, zumal ich keine 2 Minuten vom Bahnhof weg wohne.Trotzdem höre ich kaum etwas und meine Gasse ist so verwinkelt, dass man auch keinen Straßenlärm hat. 
 Da in die Nische geht's rein.
So sah' es dann direkt beim Einzug aus. Noch recht trostlos, aber man sieht immerhin etwas Tageslicht, auch wenn es nun nicht direkt ein Kristallpalast ist.
 Diese ausziehbaren Stangen, die man überall dazwischenspannen kann, sind die Rettung hier, weil man ja nirgendwo Nägel in diese Pappwände machen darf.
 Eingangsbereich mit Waschmaschine.
 Nochmal der Eingangsbereich
 Rechts geht dann das Bad ab - im Prinzip dasselbe Model wie früher im Wohnheim, nur dass überall noch 20 cm fehlen. Aber es reicht.
 Meine Küche. Süß, nicht. Zum Glück habe ich keine großen Ambitionen.
 Mna beachte dieses Tolle Gestell, das extra dazu gedacht ist, dass man über der Spüle eine Arbeitsfläche einrichten kann.
 Kühlschrank und Mikrowelle sind auch da.
 Der Einbauschrank, der praktischerweise zu beiden Seiten aufgeht.
 Innen gibt es aber nur eine Kleiderstande und ein Brett. Da muss man dann individuell mit Kisten und Hängedingern und sonstwas eine Einteilung hinbasteln.
 Einen kleinen Arbeitstisch gibt's auch und ein Abstell-Tischchen.
 Mein Bett und mein neu erstandenes Regal, das genau in die komische Wandnische passt.
 Zum Glück ist der An- und Verkauf gleich nebenan. Daher hab ich mir diesen coolen Rollschrank auch noch geleistet. So ohne Abstell- und Einräumfläche ist halt doch etwas mistig. Trotz der Rollen hat der Schrank aber dieses Billig-Parkett-Imitat zerschramt. Ich fürchte, das gibt Kautions-Abzug. :( 

Aber so kann man doch ganz gut leben, zumal ich nur einen direkten Nachbarn habe und gegenüber ein Sushi-Laden ist. Dadurch fallen die dünnen Wände und die fehlende Isolierung (nicht zuletzt dank Türspalt, dem ich noch mit irgendwas beikommen muss, bevor die Karkalaken munter lustig durch mein Zimer spazieren) nicht so sehr auf. Nichts machen kann man natürlich gegen den immer gegenwärtigen Klimaanlagen-Lärm und den Wind, der sich bei mir immer gleich nach Orkan anhört. ^^°
 Das ist mein neuer Arbeitsweg. Direkt an der Sophia-Universität, auf deren Campus das DIJ irgendwie angesiedelt ist, gibt es einen Sakura-Weg.


 Die Blüte kam ganz plötzlich. Es war wettertechnisch zwar sonnig, aber noch recht kalt, da haben die Japaner gegen 10 Uhr schon die Fußwege mit blauen Planen besetzt. An einem Donnerstag. Da kennen die sonst so arbeitsamen Arbeitsbienen nix - wenn es Kirschblüte gibt, dann muss halt ein Betreibsausflug oder sonstwas her, damit man die Pracht bei entsprechendem Alkoholkonsum genießen kann.