Mittwoch, 7. August 2013

Frauenpower bei "Romeo & Julia"- und wie das größte Feuerwerk Tokyos weggefegt wurde.

Am 27. Juli ging es noch früher los als Anfang des Monats zum Fischmarkt. 4:30 Uhr klingelte der Wecker, nur, damit ich mich 6:30 Uhr vor der Takarazuka-Bühne in Tokyo, Hibiya, schlaftrunken für die nächsten 3 Stunden auf den Bürgersteig sinken konnte. Nein, natürlich nicht einfach so! Das Herumliegen hatte natürlich seinen Sinn, denn ich lag ja, wie gesagt, nicht einfach irgendwo, sondern ich befand mich - mich brav an-liegend - in der Schlage für die Tagestickets des Takarazuka-Theaters. Es sollte "Romeo und Julia" geben und Karten sind bei der Takarazuka kaum jemals zu haben, daher wollten Steffi und ich die Chance nutzen, eins der knapp 100 (42 Sitzplätze, 49 Stehplätze) Tagestickets zu kriegen, die aber erst ab 9:30 verkauft werden würden. Ihr glaubt, 6:30 Uhr wär dafür ein bisschen zu früh? Ha! Weit gefehlt- die Wahnsinnigen hier haben uns natürlich um Längen geschlagen, standen (bzw. saßen) schon seit dem ersten Zug an und wohnen wahrscheinlich auch noch näher dran als wir, jedenfalls hat uns unsere Heldentat gerade eben noch so Stehplätze sichern können. Da kam Freude auf - aber immerhin, nach der Aufstehanstrengung freut man sich auch über Stehplätze - besser, als gar nix. 

Die Takarazuka. Wikipedia weiß dazu:
"Die Takarazuka Revue (jap. 宝塚歌劇団, Takarazuka Kagekidan) ist eine populäre japanische Musiktheatergruppe, die 1913 von Kobayashi Ichizo gegründet wurde. Das maßgebliche Merkmal der Gruppe ist, dass sowohl weibliche als auch männliche Rollen ausschließlich von Frauen dargestellt werden. Neben der Faszination des „Spiels mit den Geschlechtern“ prägt die Inszenierungen meist eine romantische und märchenhafte Kulisse. Die meisten Stücke sind westliche Musicals, aber auch Adaptionen von Manga oder japanischen und chinesischen Märchen. Durch die Inszenierung der Musicals Elisabeth sowie Die Rosen von Versailles erlangte das Ensemble auch außerhalb Asiens Aufmerksamkeit. Die Gruppe gehört zur Eisenbahngesellschaft Hankyū." - Sprich, es gibt reichlich kitschige Aufführungen in Revue-Manier, wobei die Schausspielerinnen in Gruppen eingeteilt sind:
  • Hanagumi (花組, dt. „Blumengruppe“)
  • Tsukigumi (月組, dt. „Mondgruppe“)
  • Yukigumi (雪組, dt. „Schneegruppe“)
  • Hoshigumi (星組, dt. „Sternengruppe“)
  • Soragumi (宙組, dt. „Kosmosgruppe“) seit 1998
Schön, nicht? ;) In jeder Gruppe gibt es den Top-Star, der die Männerrollen übernimmt und einen Neben-Top-Star für die weibliche Hauptrolle. Die Männerrollen-Stars sind das Herzstück der jeweiligen Gruppe, sie haben auch die mit Abstand meisten Fans. Alles Frauen! Sicherlich 99,5 Prozent und der Rest in angeheiratet oder mitgeschleppt.

Nun gibt es viele Japaner, die noch nie ein Takarazuka-Stück gesehen haben, was auch daran liegt, dass es nur Aufführungen in Osaka oder Tokyo gibt und die Gruppe nicht reist. Aber es wissen alle von dieser "Tradition" Japans und so musste auch ich immerhin einmal dahin. Zumal die Tagestickets 1500 Y (13 E) kosten. :) 

Da wir ja früh genug da waren, konnten wir uns auch die Fankultur in Ruhe anschauen, .v.a., da es ein Samstag war. Wie gesagt, waren fast nur Frauen da. Die waren je nach Fanclubzugehörigkeit aufgestellt und hatten daher alle dasselbe Tuch oder dasselbe T-Shirt oder so an, damit man sich auch ja zugehörig fühlt. Und dann wurde gewartet, bis die Stars der Reihe nach zur Arbeit erschienen. Das war total lustig und funktionierte so: Eine Gruppe bunter Halstücher rennt nach rechts ums Haus, um zu gucken, wer kommt. Ist der Star entdeckt, huscht eine Gruppe in kleinem Kampf-Halstuch zur wartenden Masse, um zu signalisieren, dass man dran sei. Dann muss die Gruppe, die bis dato sich am Eingang positioniert hatte, rasch die Plätze räumen, damit die Fanclubgruppe, deren Star gerade naht, vor den Eingang huschen kann. Das alles passiert total leise und die Frauen huschen wirklich, weil sie als höflicher Fanclub (der wahrscheinlich fast jeden Tag vor diesem Haus lauert) niemanden stören dürfen. Deswegen setzen sich auch alle brav hin, wenn der Star kommt, damit der Rest der Zuschauer auch fein sehen kann. Es wird auch peinlich darauf geachtet, dass auf dem Bürgersteig eine Gasse zum Laufen frei bleibt. Der Polizist rechts im Bild, der routinemäßig an dem Ort positioniert ist, weil sich an der Ticketkasse eben jeden Tag so viele Leute sammeln, hat deshalb auch nicht wirklich viel zu tun. Der Fanclub achtet nämlich sorgfältig darauf, dass die allgemeine Morgenruhe und Verkehrslage nicht beeinträchtigt wird. 

Die morgendliche Ruhe darf wohl nur durch "Happy Birthday" unterbrochen werden, wenn einer der Stars Geburtstag hat.   


*-*, Steffi und Steffis Freundin, die uns von den Karten-Trick überhaupt erst erzählt hat. 


Das Musical an sich war aber einfach ein sehr schönes Musical, wobei mich doch beeindruckt hat, dass Romeo wirklich nicht wie eine Frau klang. Also so gar nicht. Bei allen anderen Sängerinnen, die Männerparts hatten, hörte man doch irgendwie, dass es Frauenstimmen waren, aber Romeo hat wirklich eine sehr gut trainierte Stimme. Wenn man Leon Yuzuki einfach so hört, würde man erst einmal tippen, dass es sich um einen Mann handelt. Hier könnt ihr euch ja die Vorschau dafür anschauen:



Und wer wissen will, die die Revue normalerweise aussieht, wenn sie halt Revue macht:Das Video zeigt den Abgang der Schausspieler, nachdem das Musical vorbei war, in echter Takarazuka-Manier.



In Osaka gibt es demnächst auch Goethes "Die leiden des jungen Werther" zu bewundern - schade, wär's in Tokyo gewesen, hätt' ich die Tortour vllt. sogar nochmal mitgemacht - in der Takarazuka wird ja eh alles als tiefdramatisches Drama dargestellt, da passt der Werther ja perfekt.  

Ukiyo-e Farbholzschnitt des Sumidagawa-Feuerwerks von Hiroshige.
 
Nunja, mein Schlafsack an dem Tag hat mir jedenfalls geholfen, die 3 Stunden stehen zu überleben und sollte auch später am Tag noch zum Einsatz kommen. Am 27. fand nämlich auch das Feuerwerk am Sumidagawa-Fluss statt, eine der größten Hanabi (wenn nicht das größte) im Raum Tokyo. Die Tradition reicht bis 1732 zurück, als das Feuerwerk Teil des Toten-Fests war. Gang traditionell ist es ein Wettkampf verschiedener Feuerwerk-Vereinigungen und geht 1.5 h, wobei bis zu 22000 Feuerwerkskörper verschossen werden. Entsprechend wollen jedes Jahr an die 1 Mio. Menschen das Spektakel sehen. So auch dieses Jahr. Macht aber nix, dachten wir uns, schließlich können wir nach dem Musical gemütlich nach Kuramae (denn das Feuerwerk fand im Fluss zwischen Asakusa und Kuramae statt und wurde von zwei Stellen verschossen) und dort suchen wir uns dann ein Plätzchen, breiten den Schlafsack aus und schlafen, bis es losgeht. So weit also zum Plan. -.-

Die Neuerung des Jahres: Das Flussufer war abgesperrt. Bitte was? Und wo sollen wir dann alle hin? Ja.. da es sowieso immer voll sei, sei das dieses Jahr ein Spaziergeh-Hanabi. Ahja. Ab 18.00 Uhr werde die Straße abgesperrt dann könne man gemütlich spazierengehen und das Hanabi genießen. Danke für die Info. Leider ist es erst 16.00 Uhr und eine gefühlt halbe Million hat sich bereits, mit Decken bewaffnet, eingefunden. Was sollen wir die nächsten Stunden tun und vor allem, wo sollen wir hin?? Gegen 17:00 Uhr waren Steffi und ich immerhin bis Asakusa vorgelaufen, in der Hoffnung, irgendwo einen Straßenrand zu erwischen, von dem aus man was sehen konnte. Es war nur noch Stop-und-go und wir beschlossen ,über die Brücke auf die andere Seite zu flüchten, wo hoffentlich weniger Menschen sein werden. Jahaaa...
Übrigens eine Großansicht des städtischen Plans: Die Promenade am Fluss VOR den Bäumen war ja aus sicherlich logischen Gründen gesperrt (haben Angst, dass die Menge ins Wasser fällt oder was?), d.h. es gab genau 4 Meter Grünstreifen Platz zum Sitzen HINTER den Bäumen. Und die Straße, auf der wir wandeln sollten, ist HINTER den Bäumen und UNTER der Hochstraße. Ich sehe, es lag Genialität in der Luft. Naja, Steffi und ich quetschten jedenfalls erstmal unseren Schlafsack irgendwo hin, um uns noch ein bisschen auszuruhen und dann halt zu schauen, ob man was sehen würde. Immerhin gab es eine Baumlücke. 

War aber die falsche. Jaja. Für ein bisschen platte Nase (am Uferzaun) war aber ein sehr schönes Feuerwerk zu sehen. Und v.a. aus nächster Nähe - das glitzerte und funkelte erst richtig - für genau 20 Min. Danach brauste urplötzlich ein dermaßen gigantischer Sturm alle Zugucker von ihren Planen, dass es sich gewaschen hatte. Bzw. dafür sorgte dann auch der Platzregen mit Weltuntergangswolken, die aus dem Nichts aufgetaucht waren. Hatten wir uns morgens vor der Takarazuka noch beschwert, dass es uns quasi mit dem Schlafsack in die Fußgängerweg-Platten gebrannt hatte? Alles Schnee von gester..äh..vom Morgen halt. Das Feuerwerk war damit natürlich beendet. So hat halt wie immer alles seine guten und schlechten Seiten: Wir waren der Hochstraße sehr dankbar, dass sie so Sicht-versperrend über uns stand und uns die nächsten 1,5 h beherbergte, als wir überlegten, was inmitten von 1 Mio. Menschen zu tun sei und wir wie immer zu dem Schluss kamen, dass nichts zu tun war. Bahnhof Asakusa war restlos überfordert, so dass die Eingänge teilweise von der Polizei geschlossen wurden, mit einem Platz im Restaurant oder Ähnlichem war nicht zu rechnen. Außerdem wären wir ja nicht über die Brücke gekommen, die war restlos blockiert. Später dann irgendwann, als der Regen nachließ, sind wir nach Ueno pilgert, wo ich dann einsteigen konnte und 23:00 Uhr endlich wieder zu Hause war.  

Dafür gab es aber ein schönes Feuerwerk in Yokohama!  Am 1. August bin ich erst mit Steffi und einem Japanesen namens Aki, den Steffi irgendwo aufgetrieben hatte, und waren im Karaoke. Danach bin ich nach Yokohama, wo ich mich strategischerweise  in Bahnhofsnähe positionierte.

Das einzige gute Foto, dass ich mit meiner Kamera hinbekommen habe, erinnert zwar ein bisschen an Waldbrand, aber.. naja.^^ 


Ok, das sag' ich jetzt nur so. in Wahrheit war ich spät dran und das Hafengebiet bereits abgesperrt, weil die Polizei mal wieder Angst hatte, dass die Leute ins Wasser klatschen, wenn sich zu viele dort tummeln. Deswegen gab es auf der Straße, auf die ich vom Bahnhofsuntergrund heraufkam, kein Vorwärtskommen mehr. War aber auch gut- durch die Häuserlücken konnte man einwandfrei das Feuerwerk sehen. Das haben sie bestimmt extra so positioniert. Leider hatten wir auch in Yokohama
Pech mit dem Wind dieses Jahr. Auch hier wollte der Rauch nicht abziehen, so dass sich da Feuerwerk teilweise versteckte. Und dann, als Wind aufkam, drehte der in unsere Richtung, so dass es uns mit Asche vollregnete. Doll. Das Lustigste diesmal: Ich hatte mich ja schon relativ wenig vom Bahnhof entfernt, trotzdem fing die Polizei nach einer Stunde Feuerwerk  an, uns mit der Nachricht, dass die Banhofseingänge bereits überfüllt seien, zu belästigen. Anscheinend wollten so einige nicht in den Heimfahrtwahnsinn hineingezogen werden. Unser Problem diesmal war jedoch, dass wir das letzte große Feuerwerk verpasst haben - weil es einfach im Rauch verschwand. Das allgemeine Aufbruch-Signal blieb also aus und die Leute blieben verwirrt sitzen, weil sie nicht wussten, ob nicht doch noch etwas kommt. Gut vorbereite Leute wussten aber, wann das Feuerwerk enden sollte (die sind doch eh so pünktlich hier, wie es von uns immer behauptet wird), und schon sprintete ich zum nächsten Eingang und war tatsächlich innerhalb einer Stunde zu Hause. Ha!



So, und die Meldung des Tages: Ab morgen geht es für 11 Tage nach Korea! Yaaay! Urlaub! Reisen! Mal schauen, wie das so wird. Ich bin schlecht vorbereitet. Habe jetzt erst einmal 4 Übernachtungen in Seoul  und werde dann man weiter schauen, was sich so lohnt. Der Blog dazu kommt dann auch irgendwann, versprochen! ;)

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