Mittwoch, 2. Dezember 2015

Kyoto: Der Weg des Philosophen, Honen-in, Eikan-do, Nanzen-ji

Ich war also einmal mehr in der Kansai-Gegend (Kyoto - Osaka - Kobe)  unterwegs. Ein Professor hatte zum Seminar geladen und freundlicherweise bezahlt irgendwer die Reisekosten, so dass ich einmal nach Kyoto und zurück mit dem Shinkansen reisen konnte. Wie auch im August, konnte ich die Reisezeit dabei frei wählen, insofern (berechtigterweise) Tag X mit dabei war. Solch einer Gelegenheit kann man ja nun schlecht widerstehen, auch wenn sich die Schrein-Götter (oder so) sich gegen mich verschworen hatten: Waren es beim letzten Mal das Gion-Fest und ein Taifun, die die Reise erschwerten, so waren es diesmal ein verlängertes Wochenende in bester Herbstlaub-Zeit und ein anderer Taifun, der über's Land fegte. Die Reisefrist wurde also durch eine zum Samstag hin ausgebuchte Hostel-Landschaft gesetzt, so dass mir nur die Flucht nach Kanazawa blieb. ;) Aber eigentlich war ich angereist, um fleißig zu sein, und so war nicht allzu viel Tempel-Gucken drin.Trotzdem... so ganz kann man es ja doch nicht lassen. ;)

Die Reise begann am 16. Oktober und ich fragte mich, wie ich meinen so gar nicht Origami-fähigen Koffer in die sehr Origami-affine Bahn quetschen sollte. Schon bereute ich es, dass ich meinen Anorak eingpackt hatte, sonst hätte ich vielleicht doch noch ein bisschen quetschen können - aber wer weiß chon, wie das Herbstwetter in dieser Woche zuschlagen würde? Anno 2013 hatte mich der Temperaturunterschied zwischen Tokyo und Nara/Kyoto/Tenri schließlich kalt überrascht, diesmal war ich gewappnet! Aber für die Quetschparrade bis zum Tokyoter Bahnhof brauchte ich das gute Stück nun wirklich nicht und auch der Shinkansen leidet nicht an Unterhitzung. In Kyoto angekommen brauchte es auch nur ein halbes Stündchen, um ein Schließfach zu finden. Aber immerhin brauchte ich mich dann auch nicht zu fragen, was ich machen sollte, bis die religionswissenschaftliche Abteilung der Doshisha-Universitätsbibliothek ihr Mittagsschläfchen beendet hat. Anschließend studierte ich fleißig vorbestllte alte Texte, die bereits auseinanderfielen und die man auf Nachfrage hin kopieren, aber nicht fotografieren durfte. Sicher, tut dem Flederpapier sicherlich gut. Leider war der Inhalt nicht so interessant, wie erhofft.

Danach stand eindeutig der Kurs aus Sightseeing und so bin ich bei herrlichstem Herbst-Sonnen-Wetter den "Weg des Philosophen" entlang gegangen. Dieser ist so benannt, weil der japanische Philosoph Nishida Kitaro auf seinem Arbeitsweg zur Kyoto Universität stets am Kanal entlang ging und dabei munter vor sich hin meditiert haben soll. Wie im Foto oben zu sehen, markiert ein Schild den Anfang, damit man auch weiß, was Sache ist - inklusive sämtlicher Regeln, was man ausgerechnet hier am Kanal nicht machen soll (als wenn Müllentsorgung etc. wonaders erlaubt wäre). Es gibt doch immer wieder Rätsel auf, dass so Fotoliebhabende Menschen, wie die Japaner, grundsätzlich alle Motive durch Warn-, Hinweis-, und sonstige Schilder verunstalten können! 

Der Weg befindet sich im Nordosten der Stadt, ein Startpunkt ist dabei der Ginkakuji. Aber Touristen-Parrade war nicht das Ziel der Unternehmung und daher lies ich den "Silbernen Pavilon", der nicht wirklich silbern ist, im Gegensatz zum "Goldenen Pavilon", der wirklich golden vor sich hin glänzt, außer Acht. Denn der Weg ist das Ziel, wie schon Konfuzius angeblich sagte. Auch wenn der Weg in diesem Fall leider nicht so schön herbstlich ausfiel, wie erhofft. Im Gegensatz zu anderen Jahren, wo das Herbstrot-gold nur so leuchtete, war dieses Jahr nicht viel los in Tokyo und Kyoto. Die Bäume hatten ihre Blätter teilweise schon abgeworfen, teilweise waren sie noch grün. Und der Rest war uneins mit sich selbst und einigte sich auf verschiedene Stufen von braun. Naja.   


Der Weg führt am Biwa-See-Kanal entlang, einem Teil eines vielgliedrigen Kanalnetzes, das in der Meiji-Zeit (18.-19.Jh.) angelegt wurde, um Kyoto mit Japans größtem Binnensee zu verbinden.

 Schöne kleine Cafés schmücken außerdem den idyllischen Weg, auch wenn an diesem Montag noch nicht so richtig alles in Schwung gekommen war. Gut so! 



Der Honen-in liegt am Weg und ist kein spektakulärer Tempel und das ist auch gut so, denn das heißt, es machen sich nicht so viele die Mühe, da anzutanzen. Das Schöne an dem Tempel ist eindeutig die Atmosphere, die die schön geharkten Sandrabatten, die alten Bäume und der Teich versprühen. Der Honen-in-Tempel ist auch eigentlich eine Einsiedlerhütte gewesen, auch wenn das jetzt wieder falsche Vorstellungen weckt. Der Mönch Honen (1133-1212), der die einflussreiche Jodo-Schule des Buddhismus (Die Reine Land Schule) gegründet hat, zog sich in einen kleinen Tempel zurück, der später der Honen-in werden sollte. Honen selbst verlebte dort nicht seine Greisenjahre - die Jodo-Schule war in ihren Anfängen Verfolgungen ausgesetzt und Honen starb im Exil, in das er im Alter von 75 Jahren noch geschickt wurde. Der Honen-In wurde erst 1680 wieder belebt und ist seit 1953 auch nicht mehr Teil der Jodo-Schule. Das "in" in Honen-in steht für "Einsiedlermönch-Hütte".
 




Zu Guter Letzt war aber doch noch Herbstlaub zu erspähen - eindeutig am anschwellen des Menschenstroms zu erkennen. Am Ende des Weges liegt der Eikand-do. Mit vollem Namen Eikan-dō (永観堂, "Halle des Ausblicks auf die Unendlichkeit") Zenrin-ji (禅林寺, "Tempel des Zen-Waldes"). Er wird aber auch Shōju-raigō-san (聖衆来迎山, "(Tempel)Berg, den man auf dem Weg zu den Heiligen überschreitet") oder Muryōsu-in (無量寿院, "Tempel des unmessbaren Reichtums") genannt. Damit haben wir fast alle Bezeichnungen, die ein buddhistischer Tempel haben kann, zusammen: "in" für "Einsiedlerhütte", "do" für "(Tempel)Halle", "ji" oder "tera" für Tempel, "san" für Berg. V.a. Tempel mit dem Namen "Berg" verweisen auf einen großen Tempelkomplex, der typischerweise auf einem Berg angesiedelt ist.

Das Anstehen habe ich mir aber gespar und lieber noch ein paar Eindrücke vomWeg mitgenommen. 
Ein Stück weg vom Weg, aber eigentlicher Schlusspunkt für viele, ist der Nanzen-ji (南禅寺, "Südliche Zen-Tempel"). Er ist einer der bekanntesten Tempel des Rinzai-Zen (und Haupttempel der Nanzen-Schule). Im alten Tempel-System der Edo-zeit (17.-19. Jh.) war der Tempel, der von Kian Soen (1269–1313), einem Schüler des Zen-Meisters Mugaku Sogen (1226–86) erbaut wurde, zu einem der einflussreichsten Rinzai-Tempel überhaupt.

Beeindruckend ist das Sanmon, das Durchgangstor, das jeder Zen-Tempel hat und das noch nach dem eigentlchen Eingangstor kommt. 


Das Tor konnte man zwar besichtigen, aber Kyoto verlangt wahrlich kaiserliche Preise für so ziemlich alles, was sich zu Geld machen lässt..
Gleich hinter dem Tempel (den ich nicht besichtigt habe) liegt ein altes Aquädukt.


Überraschenderweise konnte man sogar oben auf dem Kamm herumspazieren, ohne dass Sicherheitszäune oder Warnschilder gesicht wurden. Das war so faszinierend, dass die Mädels hinter mir mir geschlagene 5 Minuten "Kowai!" ("Ich habe Angst!") in die Ohren krietschten, so dass ich fast geneigt war ihnen zu zeigen, was oder wer hier wirklich "kowai" (angsteinflößend) sein kann! Grrr.

Damit kehrte ich Kyoto auch schon den Rücken, um in Nara mein Quartier zu beziehen und mir noch fleißig etwas Literatur um die Ohren zu schlagen und meinen Bibliotheksplan für die Woche zu optimieren. 

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