Sonntag, 12. April 2015

Shinjuku-Gyoen in voller Pracht


Die Vergänglichkeit der Kirchschblüte hat einen festen Platz im japanischen Gefühl-Repertoir. Es gibt einen eigenen Ausdruck für dieses Gefühl - mono no aware - und es wird jedes Jahr mit einer Vielzahl von Specials zelebriert: Da gibt es eine handvoll neuer "Sakura"-Lieder, die die eh bereits unübersichtliche Liste im Karaoke-Verzeichnis unter "S" noch unübersichtlicher macht, da gibt es den Starbcuks Sakura-Latte und die unzähligen Sakura-Alles-was-ma-sich-vorstellen-kann Getränke, Snacks etc. pp. Trotzdem überrascht die Plötzlichkeit, mit der man von Sakura überfallen und verlassen wird jedes Mal aufs Neue. 

An einem Tag schaut man noch nach der frühen Kirsche, die sich stellenweise aus der Knospe traut, und am nächsten Tag macht es peng! und alle Kirschbäume sind weiß aufgeplustert. Da ist es für Reservierungen und Reisepläne längst zu spät und die Hälfte der Japaner ärgert sich grün, auf das falsche Wochenende für die Kyoto-Reise ausgewählt zu haben und muss darum bangen, ob noch ein paar Reste am Baum kleben werden, wenn sie ankommen.

Auch wir mussten uns schnell für ein schönes Plätzchen entscheiden und so landete ich wieder mal im Shinjuku-Gyoen, der Dank Alkoholverbot und Eintrittobulus immer noch recht viel Grünfläche zu bieten hat im Gegensatz zu manch anderem Ort.   
 


 Ja, ich war auch wirklich da.



 
Es war ein jedenfalls ein strahelnd schönes März-Ende, das genutzt werden wollte. Am 1. April war dann Stichtag für die Arbeit. Ich wohne ja recht nah an meiner Arbeitsstelle, was umgekehrt aber auch heißt, dass die Bahn brechend voll ist, wenn sie bei mir ankommt. Von der ellenlangen Schlange, die am Bahnsteig wartet, schaffen es zur Rush-Hour pro Zug so 5 Glückliche, einzusteigen. Dann muss man wieder warten, wobei es sich nicht um ein "Warten" im eigentlichen Sinne handelt, denn mal ehrlich, wenn der Zug alle 2 Minuten kommt, dann gilt das Wort nicht wirklich. 
Kurioserweise fühlt es sich trotzdem so an, weil einem ständig sugeriert wird, man hätte noch irgendwie schneller sein können - selbst gemachtes Elend! Denn an der Anzeige am Bahnsteig steht immer ganz brav "Zug hat 5 Minuten Verspätung", "Wegen Verzögerung im Betriebsablauf hat der Zug 3 Minuten Verspätung " usw. usw. Das heißt im Enfeffekt bloß, dass an jeder Haltestelle jemand seinen Hintern nicht allein in den Zug gepresst kriegt und das Nachhelfen des Schaffners kostet schließlich kostbare Zeit. Und wenn erst eine Tasche eingeklemmt ist, und die Türen wieder aufgehen und die Hälfte gleich mitrausfällt, weil die, die an der Tür stehen, nichts haben, um sich im Zug zu halten, dann kommt es eben zu Verspätungen, die nur für die bereits im Zug Befindlichen welche sind, weil alle anderen einfach nur eine Reihe von einfahrenden Zügen vor sich hat und damit beschäftigt ist, sich innerhalb eines persönlich gesteckten Zeitfensters in den Zug zu falten, damit man pünktlich auf Arbeit ist. Wie gut, dass ich keine feste Zeit habe, an die ich mich halten muss. :D Will ich jedoch gegen 10 Uhr im Institut sein, muss auch ich volle Züge in Kauf nehmen, aber da kann man dann schon wieder atmen. Die Motivation, früh mit der Arbeit zu beginnen, ist daher irgendwie denkbar gering. ;)

Ich habe einen großen Schreibtisch inkl. Arbeits-PC in einem Vierer-Zimmer, dass momentan auf vollständig bestetzt ist. Insgesamt gibt es 6 Doktoranten, mit denen man Mittagessen gehen kann. Trotzdem herrscht in der Arbeitszeit großes Schweigen, so dass man gut vorankommt. Ich bin also, was meinen Arbeitsfortschritt angeht, guter Dinge. :) 

Das einzige, was noch nicht so hinhaut, ist das Wetter. Das hat uns ziemlich veräppelt, denn momentan herrscht doch wieder eher äußerst frisch-trübes Frühlingswetter.


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