Mittwoch, 30. März 2016

Omizu-tori in Nara

Ich hatte meine Reise in die Kansai-Gegend um Kyoto extra einen Tag vorverlegt, damit ich vor meinem großen wissenschaftlichen Auftritt noch die „O-mizu-tori“ Zeremonie in Nara mitnehmen konnte. 

Wie der Name „Wasser-Schöpf-Zeremonie“ schon sagt, gibt es zwei Wochen lang ein feuriges Festival, was es zu DEM zentralen Ereignis in Nara macht. Das Fest begleitet die Shuni-e-Riten, die ritualisierten Frühlingsputz beinhalten. Wie links zu sehen, lugte der Frühling erst sehr vorsichtig um die Ecke, also war es auch höchste Zeit!

Der Höhepunkt ist am 12. März, wenn in einer stundenlangen nächtlichen Zeremonie Wasser aus dem Wakasa-Brunnen an der Nigatsu-do (Februar-Halle) geholt wird. Der Legende nach sprudelt dieser Brunnen nur ein Mal in Jahr zu besagtem Ereignis, was göttlicher Intervention zu verdanken ist. Es ist ja nicht so, als hätte der Gründer des Festes, Jitchuu, altertümlichst ca. 13700 Götter auf den letzten Drücker eingeladen  - Warum der Gott Onyu also ausgerechnet an dem Tag fischen gehen musste und entsprechend zu spät kam, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Onyu jedoch war es peinlich und so schenkte er also diese Quelle zu speziell diesem Fest. Warum nun um diese Quelle die Februar-Halle gebaut wurde, wenn das Fest im März ist, und warum es mit Feuer begangen wird statt Wasser….Rätsel über Rätsel. Vielleicht lässt sich aber alles sehr elegant mit dem Wort „Funkenregen“ überbrücken, denn das Fest ist ein einziges Funkenregen-Spektakel.  D.h. das wäre es gewesen, wenn es am 13. März, dem vorletzten Tag, nicht pünktlich 10 Minuten vor 19.00 Uhr zu gießen angefangen hätte, aber wer weiß, dass war vielleicht auch göttliche Fügung. 


Jedenfalls standen die Massen unterhalb der Tempelhalle, die am Berghang erbaut majestätisch über alles hinausragte. Die Halle hat eine Veranda und auf diese richteten sich alle Blicke, während aus Lautsprechern auf Japanisch, Chinesisch und Englisch darauf aufmerksam gemacht wurde, dass man andere nicht stören, man seine Tasche im Blick behalten und sich bei jeglichen Vorfällen an die Polizei wenden sollte. Jaja…. -.- Aber dann flammte es am linken Ende der Veranda auf und  ich glaubte schon daran, dass das Dach doch Feuer fangen müsste, denn der Mönch auf der Veranda hielt seine 6 Meter lange Bambusstange schräg nach oben, während das Reisigbündel am Ende in Flammen aufging. So wurde eine Weile gewartet, bis das Reisig gefährlichglühte und dann drehte der Mönch die Stange und rannte über die Veranda, während die Funken einem Funkenregen gleich den Tempel hinunterstoben. Dann stellte er die Stange am rechten Ende wieder auf, bis das Reisigbündel komplett auseinanderstob. Das ganze wiederholte sich 10 Mal, wobei die Menge den Atem anhielt, wenn die vorangegangene Stange noch glühte, der nächste Mönch also noch nicht losrennen konnte, aber schon Gefahr lief, dass ihm das Bündel noch auf der Veranda abfiel.

Nara-machi, die Altstadt
 
Das Schauspiel hatte die Wetter-Götter momentan  jedenfalls beeindruckt, denn die darauf folgende Woche war vergleichsweise warum und der Frühling lag in der Luft. 

So „gereinigt“ trat ich am Montag, dem 14. März, den Gang zur Doshisha-Universität in Kyoto an, wo ich bei einer der Omoto-Forschungsgruppen meinen Vortrag hielt. Die Gruppe besteht aus Professoren und Doktoranden, die sich mit den Neuen Religion in Japan beschäftigen, daher war es das erste Mal, dass ich tatsächlich vor Fachpublikum sprach. Entsprechend glücklich war ich über die positive Aufnahme meines Themas und Literaturhinweise. War also alles primstens.

 Freischwebende Kunst :)

Am nächsten Tag hätte ich also voller Elan mich der Literaturbeschaffung an der Tenri-Bibliothek widmen können, wenn ich dieses Mal nicht ziemliches Pech mit den Hostels gehabt hätte. Dabei hatte ich sogar Räume erwischt, die gute robuste Betten und v.a. dicke schließende Vorhänge davor hatten, so dass ich gegen alle mit Licht schlafenden Asiaten gefeit war! Aber alle Ohrstöpsel dieser Welt helfen nicht, wenn in der Nacht irgendein blödes Handy fünfmal vibriert und am Ende auch noch denselben Weckerton hat wie meins. -.- Die Krönung war natürlich, dass dieses Monster von einem asozialen Menschen, das seinen Wecker auf 5 Uhr gestellt hatte, nicht etwas 5 Uhr aufstand, sondern sich alle halbe Stunde bis 7.30 h wecken ließ, bevor überhaupt Zeichen zu vernehmen waren, dass Madame den Wecker wahrgenommen hat. Ich wär‘ bald im Dreieck gesprungen.    

Im übrigen ist mein Schwesterherz in Tokyo eingetroffen und zwingt meine Füßchen zu weiteren Hochstleistungen. Es folgen also noch Einträge aus Tokyo und aus Taiwan. :)  

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