Trotzdem hat die Erholung nicht ausgereicht, um mir das
Elend zu ersparen, da der nächste Tag, der 22. November, in Osaka werden
sollte. Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, wie ich diese Misere fertig
gebracht habe, aber es bleibt nun nix anderes zu sagen, als dass der Tag
komplett im Eimer war bis auf das Konzert, deswegen ich hingefahren war. Was ja
immerhin die Hauptsache ist.
Schuld war im Endeffekt 1. Japanisches Englisch und 2. die
Vorliebe der Japaner, ihren Zügen so klangvolle Namen wie „Nozmi“ (Wunsch),
„Hikari“ (Licht) oder eben „Thunderbird“ (Donnervogel) zu geben. Die, wie ich
dachte, den Shinkansen vorbehalten sind, bis ich endlich begriff, dass dem nicht
so ist. Ich stand also am Morgen so da und wollte mein Gepäck einschließen, so
dass ich nach dem Konzert, das glücklicherweise 15.00 Uhr beginnen sollte,
gleich in den Zug nach Kanazawa einsteigen konnte. Nach Kanazawa wolle/musste
ich, weil die Herbstlaub-Manie der Japaner solche Ausmaße annimmt, dass an
einem November-Samstag alle Hotels um Osaka/ Kyoto/ Nara/ Himeji/ Kobe im
Umkreis von 2-Shinkansen-Stunden ausgebucht waren und ich also direkt nach
Kanazawa fuhr, das 4 h entfernt war und wo eine Freundin wohnt. Der letzte Zug
fuhr 21:00 Uhr und den durfte ich nicht verpassen. Also dachte ich, ich
schließe mein Gepäck an dem Bahnhof ein, von dem ich abfahren sollte. Und auf
meinem Ticket stand „Osaka-Kanazawa“. Und dann stand ich da so und schaute auf
mein Ticket und dachte, Moment mal, angekommen bist du doch in Shin-Osaka
(Neu-Osaka), weil das der einzige Shinkansen-Bahnhof ist. Du fährst doch mit
dem „Donnervogel“, der fährt doch nicht von Osaka ab. Komisch. Aber egal, das
Konzert geht ja 15.00 Uhr los, da ist dann noch Zeit, nach Shin-Osaka zu
fahren, das mit Umsteigen in Osaka verbunden ist. Also fuhr ich mit der
Ringbahn nach Osaka, stieg nach Shin-Osaka um, suchte mir ein Schließfach und
fand mich sehr toll, bis mir auffiel, dass ich meine Mütze mit eingeschlossen
hatte. Mist, in Japan zieht‘s ja überall, die Konzerte in den riesigen Arenen
waren bisher immer saukalt gewesen und außerdem ist Ende November. Ich kaufte mir also noch eine Mütze, anstatt noch einmal
500 Y ins Schließfach zu versenken und war nun super-vorberietet auf ein
bisschen Sightseeing. Nur gab es um den Bahnhof herum überhaupt nichts
Sehenswertes und weil ich ja gegen halb 2 am Dome sein sollte, um einer
Japanerin ein Ticket abzukaufen, lies ich es dann sein.
Also fuhr ich von Shin-Osaka wieder nach Osaka und dann mit
der Ringbahn zum Dome und wurde von traumhaften Sommerwetter begrüßt, weil die
Sonne plötzlich den Plan gefasst hatte, mit 25° unbarmherzig auf unsere Anoraks
herunter zu prasseln. Aber egal, ich fand die Japanerin mit ihrer stummen
Tochter (Japanische Kinder um 13 Jahre sind nicht in der Lage, dir ins Gesicht
zu schauen und mit dir zu reden. Hilfe, Fremde!), kaufte mein Ticket und
schaute mir gut gelaunt meinen Sitzplatz an und sah…dass der Einlass 15.00 Uhr
war. Das Konzert begann 17.00 Uhr. Hm… leicht beunruhigt fragte ich, wie lange
das denn so dauern würde…3 h… aha… und dann muss man es ja noch zusammen mit
45.000 anderen Leuten aus dem Dome schaffen… hm…hm… schlecht. Nervös blickte ich auch mein Ticket, da stand
wirklich immer noch 21.00 Uhr. Von Osaka. Mit dem Limited Express Donnervogel.
Aber, seit wann ich ein Shinkansen eigentlich ein Halb-Express-Zug? Ja, da fiel dann der Groschen. Der Zug fuhr
natürlich deshalb von Osaka, weil er gar kein Shinkansen war. Und in Shin-Osaka
hält er auch, aber dahin brauchte ich viel länger vom Dome aus. Und überhaupt war eine knappe ¾
h nach dem Konzert verdammt wenig Zeit. Und es war ja erst 15.00 Uhr, der
Einlass begann aber eben nicht das Konzert. Also sauste ich zu Ringbahn, nach
Osaka, nach Shin-Osaka, holte mein
Gepäck wieder aus dem Schließfach, verfluchte die Sonne, die mich selbst
ohne Anorak noch mächtig ins Schwitzen brachte, fuhr nach Osaka, verstaute
meine Gepäck dort und fuhr wieder zum Dome, um dann kurz vor knapp meinen
Sitzplatz zu erreichen und mir di letzte Hälfte des sehr schönen Konzertes
Sorgen zu machen, wie lange es wohl noch gehen würde. L Und dabei hatte ich so einen
schönen Arena-Sitzplatz, ganz weit vorne, wo man alles so richtig schön da.
Jedenfalls verbrachte in den vorletzten Song der zweiten Zugabe auf dem Weg
Richtung Ausgang und blieb dann noch für den allerletzten stehen, aber ich
musste aufpassen, um den Moment nicht zu verpassen, indem die Ordner die Gitter
versperren würden. Um nämlich 45.000 Leute geordnet aus dem Dome zu bringen,
sind Gitter zwischen den einzelnen Sitzblöcken angebracht, die nach Ende des
Konzerts geschlossen werden, um in Reihenfolge nacheinander die Leute
herauslassen zu können. Wenn man da einmal feststeckt, kann man mit viel Pech
eine Stunde aus dem Dome heraus brauchen. Zu guter Letzt schaffte ich
jedenfalls gerade noch rechtzeitig nach Osaka, um in letzter Minute mit Gepäck
meinen Zug nach Kanazawa zu finden. In Kanazawa kam ich dann 23.30 h an, wo
mich die liebe Katja, eine Japanologin aus Halle, mich abholte.
DAS ist nämlich ein Shinkansen - wie es sich gehört, so schnell, dass man die Schnauze nicht erwischt im Bild.
An dem Punkt der Reise hatte ich zwar sehr viel Schönes
erlebt, war aber durch wenig abgeklungenen Jet-Lag, das ewige späte zu Bett
gehen in Ikegami (weil meine Mitbewohnerin Lynn immer erst 23.00 Uhr von der
Arbeit kommt und ich nicht schlafen kann, bevor es in der Küche ruhig ist) und
diesen Tag in Osaka ziemlich erledigt. Da erwies sich der Ausflug nach Kanazawa
als genau das Richtige. Nicht nur, dass sowieso Sonntag und Feiertag war, so
dass ich ruhigen Gewissens die geschlossenen Bibliotheken in Tokyo lassen
konnte, Katja und ihr Ehemann Kensuke waren hervorragende Gastgeber, die mir
Kanazawa und Shirakawa-Go zeigten.
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